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Siedlungen in Pemba, die von Zyklon Kenneth zerstört wurden.

Foto: Reuters / Mike Hutchings

Die Angst, sie sitzt den Menschen in Mosambik im Nacken. Man weiß nie, wann der nächste Zyklon die knapp 2500 Kilometer lange Küste treffen könnte. Zweimal innerhalb kurzer Zeit brauste ein Wirbelsturm über das Land. Wieso sollte nicht bald der nächste folgen?

"Alle leben in Angst", sagt Christoph Hanger. Der Deutsche ist einer der zahlreichen Helfer, die sich in das südostafrikanische Land begeben haben. Für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ist er im Norden von Mosambik in Pemba stationiert: dort, wo Zyklon Kenneth Ende April seiner Zerstörungswut freien Lauf ließ. Wie er dem STANDARD sagt, sei die Lage nach dem "Doppelschlag" noch angespannter. Ganze Dörfer wurden verwüstet, zudem könnten Hilfsbedürftige nur schwer erreicht werden, weil viele Brücken und Straßen zerstört wurden.

Hilfskräfte wurden von Beira in die nördliche Region beordert – quasi von einem Katastrophengebiet ins nächste, hat der erste Zyklon Idai Mitte März doch in der Region um Beira eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Auch Hilfslieferungen sind unterwegs.

Angehörige gesucht

Ein großes Problem, sagt Hanger, seien Hürden bei der Familienzusammenführung. "Viele haben ihre Angehörigen, ihre Liebenden in der Katastrophe aus den Augen verloren", sagt der Deutsche. Das Rote Kreuz unterstützt dabei mit Handys, Ladekabeln, Anlaufstellen, wo man sich registrieren lassen kann. Und klar, auch hier schwingt die Angst mit, die Angst, die Verwandten hätten den Zyklon nicht überlebt. Kenneth forderte bislang mindestens 41 Tote, bei Idai waren es rund 600.

In der ersten Katastrophenregion rund um Beira wurde unterdessen die erste Phase, der Notstand, beendet. Nun läuft mit dem Wiederaufbau Phase zwei, sagt Imre Siska. Er ist einer von vier Hilfskräften, die vom Österreichischen Roten Kreuz entsandt wurden. Siska kümmert sich als Teil eines internationalen Teams im Raum um Beira um die Bereiche Wasser, Sanitär und Hygiene.

"Der Wirbelsturm hat vor allem die Ärmsten getroffen. Die hatten schon davor nichts", sagt er. Man könne deshalb nicht einfach Häuser hinstellen und dann sagen, das sei jetzt ihr neues Zuhause.

Kaum Toiletten vorhanden

"Wir arbeiten mit den Communitys zusammen, um zu klären, welche Bedürfnisse sie haben. Wollen Sie Baumaterial? Oder Geld?", sagt Siska. Grundsätzlich gehe es aber darum, Infrastruktur aufzubauen, die langfristig hält – und gewisse Hygienestandards ermöglicht. "Wenn es kaum Toiletten gibt, kein sauberes Trinkwasser, wenn Frauen ihre Kleidung mit Sand waschen, in den sie sich zuvor erleichtert haben, dann führt das zu Durchfallerkrankungen. Und Cholera ist die schlimmste davon", sagt er.

Die Angst, die betrifft übrigens nicht nur die Einheimischen. "Das macht auch mir Angst", sagt Siska, "ich bin schon lange dabei, aber zwei Katastrophen so schnell hintereinander habe ich noch nie erlebt." Froh sei er deshalb, wenn er in einer Woche und insgesamt vier Wochen in Mosambik plangemäß von Kollegen abgelöst wird. Und dann seine zwei Kinder wiedersehen kann. (Kim Son Hoang, 3.5.2019)