Die Durchimpfungsrate gegen Masern ist in Europa viel zu niedrig.

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Jens Spahn, Gesundheitsminister in Deutschland, will die Masern ausrotten mittels einer Impfpflicht.

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Brüssel/Berlin – Die Vorsitzenden der deutschen Regierungsparteien SPD und CDU haben sich hinter die Pläne Gesundheitsminister Jens Spahns (CDU) gestellt, eine Impfpflicht gegen Masern mit Bußgeldern und einem Ausschluss aus der Kindertagesstätte durchzusetzen.

"Ich unterstütze die Pläne von Jens Spahn", sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Sonntagn. Wenn Eltern ihre Kinder nicht gegen Masern impfen, brächten sie damit nicht nur die eigenen Kinder in Gefahr, sondern andere auch. "In dieser Abwägung halte ich eine Impfpflicht für richtig", argumentierte Kramp-Karrenbauer.

Ähnlich äußerte sich SPD-Vorsitzende Andrea Nahles: "Gut, dass Minister Spahn zügig handelt und die Bundesregierung schnell ein Gesetz beschließen will", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" . Es gehe auch um eine Schutzpflicht. "Die individuelle Freiheit hat ihre Grenzen dort, wo sie die Gesundheit vieler anderer gefährdet."

Bußgeld bis zu 2500 Euro

Sowohl Nahles als auch Kramp-Karrenbauer betonten, dass über Details im parlamentarischen Verfahren gesprochen werde. Die SPD stützt die vorgeschlagene Androhung von Bußgeldern. Spahn hatte in der "Bild am Sonntag" gesagt, Bußgelder von bis zu 2500 Euro verhängen zu wollen. In der Kita sollen Kinder ohne Impfschutz ausgeschlossen werden. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, begrüßte in den Zeitungen der RND-Gruppe die Pläne.

Spahns Gesetzentwurf sieht vor, die Impfpflicht gegen Masern mit Geldstrafen von bis zu 2.500 Euro und einem drohenden Ausschluss vom Kindergarten-Besuch durchzusetzen. Alle Kinder, die einen Kindergarten oder die Schule besuchen, sollen dem Minister zufolge gegen Masern geimpft sein. "Wer dort neu aufgenommen wird, muss das nachweisen", betonte Spahn. Wer aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden könne, müsse dies mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen.

Ausschluss von Schule nicht möglich

Kinder ohne Impfschutz sollen künftig vom Kindergarten-Besuch ausgeschlossen werden. Bei Schulen sei dies nicht möglich, da dort die Schulpflicht gelte. Aber wer sein Kind nicht impfen lässt, dem sollen Geldstrafen in Höhe von bis zu 2500 Euro drohen.

Obwohl laut jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts 93 Prozent der Kinder in Deutschland gegen Masern durchgeimpft sind, hält Spahn eine Impfpflicht für unerlässlich. "Ich will die Masern ausrotten", sagte Spahn der "Bild am Sonntag". Dafür müssten mindestens 95 Prozent zwei Masernimpfungen haben.

EU-Kommission besorgt

Die EU-Kommission hat sich besorgt über einen unzureichenden Impfschutz gegen die hoch ansteckenden Masern in Europa geäußert. 2017 hätten nur vier EU-Staaten die notwendige Impfrate von 95 Prozent erreicht, schrieb der Vizepräsident der Kommission, Jyrki Katainen, an das EU-Parlament, wie Medien am Wochenende berichteten. Die Folge sei eine Zunahme von Masernausbrüchen und Todesfällen in Europa.

Laut Zielvorgabe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wären aber 95 Prozent nötig, damit die hochansteckende Infektion ausgerottet werden kann. Nach Daten der zuständigen EU-Agentur für Prävention und Kontrolle von Krankheiten erfüllten 2017 bei der entscheidenden zweiten Impfung aber nur Schweden, Ungarn, die Slowakei und Portugal die 95-Prozent-Quote, schrieben die Funke-Zeitungen weiter.

Neuer Tiefstand bei Impfabdeckung

Damit sei in der EU ein neuer Tiefstand bei der seit zehn Jahren rückläufigen Impfabdeckung gegen Masern erreicht: 2007 hatten laut Agentur noch 14 EU-Staaten das 95-Prozent-Ziel bei der zweiten Impfung erfüllt, 2012 immerhin noch acht, 2016 waren es demnach nur noch fünf.

Schlusslichter in der EU waren 2017 dem Bericht zufolge Frankreich, Österreich, Rumänien, Griechenland und Malta, die den Daten zufolge bei der zweiten Masern-Impfung Raten von unter 85 Prozent erzielten. Die übrigen EU-Mitgliedsländer, darunter Deutschland, meldeten Quoten zwischen 85 und 94 Prozent.

Deutscher Vorstoß für Impfpflicht

(Reuters, APA, 5.5.2019)