Bei den Technologiegesprächen Alpbach wird auch heuer großes Rätselraten bestehen: Woher kommt Geld für die Forschung und was wird im Herbst tatsächlich umgesetzt?

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Markus Hengstschläger (links) und Hannes Androsch kritisieren die F&E-Politik.

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Was lange geplant wird, kann letztlich doch noch verschoben werden: Das scheint eine Lehre aus der Verschiebung des für 7. Mai geplanten Gipfels der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zur heimischen F&E-Szene zu sein. Zu diesem Anlass wollte man nicht nur ein Forschungsfinanzierungsgesetz umsetzen, das allen Playern – zum Beispiel dem Wissenschaftsfonds FWF, der Förderbank AWS und der vor allem für angewandte Forschung zuständigen FFG – langfristige Planungssicherheit und weitgehende Autonomie garantieren sollte. Auch die Zusammenlegung von Beratungsorganen, also Forschungs-, Wissenschaftsrat sowie ERA-Council, eine Exzellenzinitiative für die Grundlagenforschung, eine Förderdatenbank und der Startschuss für die nächste Forschungsstrategie (bis 2030) waren auf der Agenda. Ein Grundsatzbeschluss dafür stammte von einem Ministerrat im August 2018. Nun heißt es aber Warten – und zwar bis in den Herbst. Dann soll der Gipfel nachgeholt werden.

Kurzfristig abgesagt

Der alte Termin wurde erst vergangenen Freitag gecancelt, der neue Termin dürfte im September oder Oktober folgen. Aus dem Wissenschaftsministerium verlautet, "dass man wichtige Punkte der Verhandlungen noch nicht erfolgreich abschließen konnte". Die Regierung bekenne sich aber weiterhin zu den Plänen vom August vergangenen Jahres. Details über die Verschiebung wurden in der Community besprochen: Angeblich spießte es sich bisher am Geld für die geplante Exzellenzinitiative. "Dass sich der Finanzminister (Hartwig Löger, ÖVP, Anm.) querlegt, habe ich schon im Herbst vergangenen Jahres vorhergesagt", ätzte Hannes Androsch im Rahmen eines Medientermins, wo er als Vorsitzender des Forschungsrats gemeinsam mit seinem Stellvertreter, dem Genetiker Markus Hengstschläger, den aktuellen Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs präsentierte. "Es wird aber zu keinem Gesetz, wenn man nur davon redet", kritisierte Androsch und wiederholte seinen schon oft formulierten Vorwurf, dass man "für alles Mögliche Geld hat, aber für Zukunftsaufgaben zu wenig". Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) bestätigte, dass budgetäre Überlegungen Hintergrund der Verschiebung sind. Im Hinblick auf die aktuelle Erstellung des Budgets sei vorgeschlagen worden, "den Gipfel dann zu machen, wenn auch die konkreten Zahlen auf dem Tisch liegen", sagte Hofer. Inhaltlich sei aber "alles in Ordnung", wird Hofer von der Austria Presseagentur (APA) zitiert.

Es spiele auch die Frage des Volumens der bevorstehenden Steuerreform hinein, die, wie berichtet, von 4,5 auf 6,5 Milliarden Euro anwuchs. Da muss man eben erst durchrechnen, ob sich die Pläne für die Forschung wirklich finanzieren lassen. Politik und Community werden sich also auch 2019 bei den Alpbacher Technologiegesprächen, die Ende August stattfinden, ohne konkreten Umsetzungsplan treffen.

Sicher ist derzeit vor allem: Österreich wird das im Jahr 2011 gesteckte Ziel, bis 2020 in die Gruppe der Innovation-Leader vorzustoßen, nicht erreichen. Das betonten Androsch und Hengstschläger bei ihrer Leistungsbericht-Präsentation. Seit 2012 bewertet der Forschungsrat auf Wunsch der Regierung jährlich die Performance Österreichs anhand von 74 Indikatoren unter anderem in den Bereichen Bildung, Forschung, Innovation, Gründungsdynamik oder Forschungsfinanzierung.

Unter dem Niveau der Leader

In seinem aktuellen Bericht zeigt das Beratungsgremium nun, dass Österreich nur in einem Drittel dieser Indikatoren sein Ziel erreichen wird, bei zwei Dritteln agiert das Land unter dem Niveau der Innovations-Leader. 47 Prozent der Indikatoren weisen seit 2012 eine Verbesserung auf, das reiche aber nicht, um den Abstand zur Spitzengruppe zu verringern. Trotz aller Kritik lobte Androsch in diesem Zusammenhang, es sei "einiges vorangegangen", und verwies unter anderem auf eine Forschungsquote von 3,19 Prozent.

Doch der hohe Input ist nur eine Seite der Medaille, das Problem sei, dass Österreich beim "Output seine Topposition nicht halten kann". Vielmehr erreiche das Land – so wie schon 2011 – nur Rang zehn im European Innovation Scoreboard (EIS), in dem die Innovationsperformance der EU-Länder gemessen wird. Nach zwischenzeitlicher Verbesserung ist man in dem Ranking wieder zurückgefallen. "Es reicht nicht, eine gute Mannschaft aufzustellen, man muss auch Tore schießen", sagt der Geschäftsführer der Ratgeschäftsstelle, Ludovit Garzik.

Dass Österreich nicht zu den Innovationsführern gehöre, sei Faktum, der Rat empfehle deshalb aber nicht, mehr Geld in die Forschung zu stecken, so der stellvertretende RFT-Vorsitzende Hengstschläger. Vielmehr müsse man "fragen, ob das Geld richtig ankommt und eingesetzt wird", es brauche "eine gezieltere und klarere Output-Analyse". Klar ist für Hengstschläger, dass im Bereich Grundlagenforschung mehr Geld im Wettbewerb vergeben werden müsse, dieser Anteil sei im Vergleich zu den führenden Forschungsnationen nicht hoch genug. Zudem müssten Ausgliederungen und Start-ups besser gefördert werden, die Voraussetzungen seien hier "nicht ideal", verwies er auf Bürokratismus und zu wenig Risikokapital. Zudem habe die Forschung in Österreich nicht das notwendige gesellschaftliche Image.

Der Abstand zur Spitze sei nicht kleiner geworden, "nicht weil wir so wenig gemacht haben, sondern weil die anderen mehr weitergebracht haben" , sagte Hengstschläger, der das Ausmaß der Innovationsdynamik für "nicht ausreichend" hält. (red, 5.5.2019)