Paris – Dem Universalgelehrten Leonardo da Vinci wurde bereits zu Lebzeiten von Auftraggebern mangelnder Fleiß unterstellt, zumindest wenn es um seine malerische Produktivität ging. Faktum ist, dass von da Vinci heute tatsächlich nur 14 bis 17 Bilder bekannt sind. In seinen letzten Lebensjahren schränkten die Folgen eines Schlaganfalls sein künstlerisches Schaffen ein – zumindest war dies die bisherige Annahme.

Italienische Wissenschafter vermeinen nun aber in einem Porträt von da Vinci Hinweise darauf entdeckt zu haben, dass das Renaissancegenie gegen Ende seines Lebens wegen einer sogenannten "Klauenhand" beim Malen eingeschränkt gewesen sein könnte. Wie der Chirurg David Lazzeri und der Neurologe Carlo Rossi in der britischen Fachzeitschrift "Journal of the Royal Society of Medicine" berichten, sei da Vinci von einer sogenannten Ulnarislähmung beeinträchtigt worden.

Eine Kreidezeichnung, die dem lombardischen Künstler Giovanni Ambrogio Figino zugeschrieben wird, zeigt Leonardo mit ungewöhnlicher Handhaltung.
Foto: Museum of Gallerie Dell'Accademia, Venice

Gekrümmte Finger

Sie stützen sich dabei auf eine Kreidezeichnung des lombardischen Künstlers Giovanni Ambrogio Figino, die Leonardo in höherem Alter zeigt. Darauf ragt seine rechte Hand aus der Kleidung hervor, die Finger sind gekrümmt. Nach einem Schlaganfall hätte die Hand aber geballt sein müssen, schreibt Lazzeri in dem Artikel. Die Haltung erinnere eher an eine typische Klauenhand.

Dies könne erklären, warum er in seinen letzten fünf Jahren als Maler "zahlreiche Gemälde unvollendet ließ", obwohl er weiterhin unterrichtete und zeichnete, schreiben die Ärzte. Auch sein berühmtestes Werk, die Mona Lisa, blieb letztlich unvollendet. Da Vinci war demnach zwar noch in der Lage, mit der linken Hand zu zeichnen, konnte aber seine Malpalette mit der rechten Hand nicht mehr halten. Einer aktuellen Studie von Forschern aus Florenz zufolge konnte da Vinci bereits in jungen Jahren mit beiden Händen gleichermaßen schreiben, zeichnen und malen.

Zweifel an Leonardos Haarsträhne

Unterdessen äußerten Experten Zweifel an der Authentizität einer vor kurzem vorgestellten angeblichen Haarsträhne, die von Leonardo stammen soll. Uffizien-Direktor Eike Schmidt hält das Haarbüschel jedenfalls für nicht echt. "Kein Experte glaubt, dass diese Haarsträhne echt ist", sagte Schmidt, ab November neuer Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums in Wien. Die Haarsträhne soll bisher Teil einer US-Sammlung gewesen sein. Sie kommt nach Angaben der Organisatoren der Ausstellung in Vinci, wo die Haare mittlerweile zu bewundern sind, aus Frankreich.

"Es ist durchaus unwahrscheinlich, dass eine Haarsträhne Leonardos in einer US-Sammlung gefunden wird. Die Tradition, Haarsträhnen von Persönlichkeiten, oder von Verwandten zu bewahren, stammt aus der Romantik, aus dem 19. Jahrhundert, nicht aus der Renaissance-Epoche", so Schmidt. (red, APA, 6.5.2019)