Sein Vorgänger Michael Bünker spielt Schlagzeug in der Band Kreuzweh, Michael Chalupka bläst die Tuba. Eine passende Combo sucht der neue evangelische Bischof aber noch.

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Zwölf Wahlgänge waren notwendig, dann konnte Michael Chalupka dank Zweidrittelmehrheit den Sack zumachen – und wird als siebenter Bischof der evangelischen Kirche A. B. in Österreich in die Geschichte eingehen.

STANDARD: Es hat auffallend lange gedauert, Sie auf den Bischofsthron zu hieven. Haben Sie mit einem so zähen Ringen gerechnet?

Chalupka: Ich habe geglaubt, dass ich überrascht werde, und ich wurde überrascht. Unsere Verfassung ist so, dass man im Vorfeld gar nicht sagen kann, wie es laufen wird. Aber das passt schon so.

STANDARD: Der Promi-Bonus als ehemaliger Chef der Diakonie hat offensichtlich nicht gezogen.

Chalupka: Das spielt keine Rolle. Unsere Kirche ist halt vielfältig mit ganz vielen verschiedenen Traditionen und Schwerpunkten. Und die Kandidaten spiegeln das wider. Man kann das auch nicht mit politischen Parteitagen vergleichen. Wir sind demokratisch organisiert – und die Wahl ist trotzdem ein geistlicher Akt. Das fasziniert mich.

STANDARD: Ist es für Ihr künftiges Amt als Bischof ein Vor- oder Nachteil, dass Sie eine Vorgeschichte im Licht der Öffentlichkeit haben?

Chalupka: Es ist immer beides. Bekanntheit ist ja einerseits nie etwas Schlechtes, andererseits ist das, was man in der Öffentlichkeit repräsentiert, immer nur ein Ausschnitt von dem, was man auch darstellt und tut.

STANDARD: Inwieweit war die Wahl auch ein Rennen zwischen linksliberal und konservativ? Sie waren stets klar für die Ehe bei gleichgeschlechtlichen Paaren, Ihr Gegenkandidat kam aus einem Lager, das gegen eine Öffnung war.

Chalupka: Von diesen Kategorien halte ich gar nichts. Weil diese Kategorien nur Krücken sind, mit denen sich die Öffentlichkeit ein Bild macht, weil man kein anderes Koordinatensystem hat, um die Welt zu ordnen. Deswegen werden dann politische Kategorien ausgepackt. Bei mir sagt man gerne: "Der ist linksliberal, weil er sich so für Arme und Flüchtlinge einsetzt." Da haben alle in der Kirche gelacht, weil alle drei Kandidaten sich massiv für Flüchtlinge eingesetzt haben. Unsere Kirche ist eben nicht homogen.

STANDARD: Es war ein langes, zähes Ringen um die Antwort auf die Frage, ob gleichgeschlechtliche Paare in der evangelischen Kirche heiraten dürfen. Geworden ist es eine "eheähnliche" Beziehung. Sind Sie mit der Verlegenheitslösung zufrieden?

Chalupka: Ja, warum denn bitte nicht. Ich gehöre sicher nicht zu jenen, die einen Kompromiss für etwas Schlechtes halten. Es gibt die Würde des Kompromisses – und dies gilt es zu respektieren.

STANDARD: Aber da ist ja ein Riss quer durch die evangelische Kirche gegangen. Es gab massive Proteste bis hin zu Austrittsandrohungen.

Chalupka: Es war nicht leicht. Da müssen wir jetzt gemeinsam wieder Brücken bauen. Ich muss das als künftiger Bischof vorleben – aber auch konkret einfordern.

STANDARD: Zweite Baustelle ist der verlorene Karfreitag: Ist das Vertrauen in die Regierung dahin?

Chalupka: Das Vertrauen ist erschüttert, denn es gab ein Versprechen der Bundesregierung, das nicht eingehalten wurde. Viel war da der Knappheit der Zeit geschuldet. Man hat das nicht ordentlich aufgesetzt – ohne Einbeziehung aller Beteiligter. Aber diese Zeit wollte man sich offensichtlich nicht nehmen. Ich erwarte mir ein klares Zeichen der Regierung.

STANDARD: Was muss passieren?

Chalupka: Gesprächsbereitschaft wäre ein guter Anfang. Wir würden die Angelegenheit gerne ohne Klage und ohne Richter klären. Ich glaube, der Bundeskanzler wollte uns nicht beleidigen. Aber er sollte jetzt auch zeigen, dass er uns nicht beleidigen wollte. Ich will und kann es nicht glauben, dass vier Prozent der Bevölkerung egal sein können.

STANDARD: Werden Sie ein politischer Bischof sein?

Chalupka: Das Evangelium wirkt immer in die Welt hinein, damit in die Gesellschaft, und ist damit immer auch politisch. Ich werde aber nicht parteipolitisch agieren. Wenn wir zur gesellschaftspolitischen Themen Stellung nehmen, dann nur auf der Sachebene. Aber: Ich mache sicher kein Politiker-Bashing. Aber Sie können davon ausgehen, dass ich Verantwortung einmahnen werde. (Markus Rohrhofer, 6.5.2019)