Wohl jeder musste sich in seinem Leben schon einmal mit Computerproblemen herumschlagen.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Alexander Niederhofer, Mitgründer von Helferline.

Foto: Philipp Lipiarski

Chadha Ansh, Servicemitarbeiter bei Computerexpert.

Foto: Computer Expert

Plötzlich geht nichts mehr. Die Maus lässt sich nicht mehr bewegen. Der Bildschirm ist eingefroren. Und der PC-Nutzer hat keine Ahnung, warum. Er weiß nur, dass er freilich nicht dafür verantwortlich sein kann. Das war schon so, das war jemand anders, denn selbst hat man ja nichts falsch gemacht.

Wohl jeder musste sich in seinem Leben schon einmal mit Computerproblemen herumschlagen. Manche sogar beruflich. Denn wenn der PC spinnt, muss manchmal ein Profi weiterhelfen.

Vom Hypochonder bis zum Besserwisser

"PC Welt" beschreibt hierfür mehrere Anwender-Typen, mit denen sich der IT-Support herumschlagen muss. Der "Neider" ist demnach immer auf der Jagd nach der neuesten Technik – ohne zu wissen, warum er sie überhaupt braucht. Der "Hypochonder" ist stets über die neuesten IT-Gefahren und Viren informiert und fürchtet, dass sein PC bereits damit infiziert sein könnte. Der "Ungehorsame" ignoriert laufend Anweisungen, etwa Viren-Updates, und wundert sich dann, warum sein Computer Probleme hat. Der "schlechte Lügner" hat etwas verbockt, zum Beispiel eine wichtige Mail gelöscht, will diesen Fehler aber nicht zugeben. Der "Vergessliche" hat auch etwas verbockt, kann sich aber wirklich nicht mehr an die Ursache erinnern.

Der "Google-Vermeider" verzichtet bei einfachen Fragen darauf, die berühmte Suchmaschine anzuwerfen. Er fragt stattdessen lieber gleich den IT-Support, wo man Bürozubehör kaufen kann. "Dauernörgler" zeichnen sich dadurch aus, dass sie jede Anweisung des Fachmanns mit Skepsis hinterfragen. Zu guter Letzt gibt's noch den klassischen "Nichtwisser". Er kennt sich schlichtweg nicht aus. Der Gegenpart dazu ist der "Besserwisser". Er glaubt, sich auszukennen.

Aller Anfang ist schwer

Aber wie bewerten nun eigentlich die österreichischen PC-Servicelines die Lage? "Wir arbeiten wie ein Arzt. Der Kunde sagt, wo's wehtut. Wir müssen dann Grund und Lösung finden", sagt Alexander Niederhofer, Mitgründer von Helferline. Das Netzwerk an Informatikern hilft jährlich tausenden Verzweifelten vor Ort oder telefonisch. Letzteres eignet sich für kleinere Wehwehchen, etwa wenn der Anrufer die Startseite oder das Windows-Passwort wechseln will.

Die Gespräche sind mitunter holprig – eine Kostprobe: Welche Marke hat das Gerät? – Weiß ich nicht – Ist ein Apfel oben? "Dann sucht der Kunde seinen Laptop danach ab. Ist keiner drauf, ist's wahrscheinlich Windows, vielleicht Linux, aber kein Apple", sagt Niederhofer.

Eine Studie der Österreichischen Computer-Gesellschaft (OCG) aus dem Jahr 2014 ergab, dass sich viele Nutzer überschätzen. Demnach glaubten 78 Prozent der Befragten, dass ihre Computergrundkenntnisse "sehr gut" oder "gut" seien. Bei einem Test – zum Beispiel mussten Ordner verschoben, kopiert oder angelegt werden – schnitten jedoch 75 Prozent der 1.260 Teilnehmer zwischen 15 und 60 Jahren "schlecht" oder "sehr schlecht" ab.

Alle Altersklassen

Es sei öfters telefonisch schwerer, die Probleme zu verstehen, als sie zu lösen, sagt Chadha Ansh. Der studierte Informatiker arbeitet bei Computerexpert. Der Serviceanbieter betreibt zwei Filialen in Wien. "Im Grunde ähneln Computer einem Menschen. Die Organe sind bei jedem gleich, aber manche Bausteine sind eben größer oder haben eine andere Farbe", sagt er.

Noch ein Vergleich mit einem Arzt: Wie dieser betreuen Techniker ebenfalls die breite Masse. Von der Villa bis zum Gemeindebau. Von Jüngeren, die ihren Gaming-PC installiert bekommen, bis zu Senioren, die auf Twitter US-Präsident Donald Trump antworten oder Netflix bedienen wollen. "Nur weil ich 70 Jahre alt bin, möchte ich trotzdem streamen", sagt Niederhofer.

Highlights für Senioren

Der Durchschnitt sei 40 Jahre alt, eine Person sogar 100. "Unser Servicemitarbeiter war zu ihrer Geburtstagsfeier eingeladen. Sie wollte eine Präsentation zeigen, aber der Teleprompter ist ausgefallen. Unser Mann musste also doch arbeiten", sagt Niederhofer.

Gerade bei älteren Kunden sei die soziale Komponente wichtig. "Die Hälfte der Leistung", sagt er. "Wenn der Techniker nach Hause kommt, ist das ein Event, zu dem sie sogar Kekse backen." Es ist aber auch ein Zeichen der Einsamkeit im Alter. Der Enkel solle nicht immer genervt werden.

Windows

Windows macht circa 50 Prozent der Eingriffe aus. Das Internet und Netzwerkdrucker weitere 25 Prozent. Smartphones holen auf. "Wer erklärt der Oma Whatsapp? Wer installiert erste Apps für sie?", sagt Niederhofer. Die Technik verändert sich laufend, die Probleme ändern sich mit.

Nur eines sei gleich geblieben: Windows. Der PC stürzt ab oder ist langsamer. Viren werden runtergeladen. Die Festplatte ist voll. Ein Produkt für die Masse zieht massenhaft Miseren an. Tablets und Smartphones seien intuitiver. Ansh stimmt zu. "Wenn nach einem Update eine Einstellung nicht mehr dort zu finden ist wo zuvor, kann das irritieren." "Der Kunde kennt eben nur die Wirkung, nicht die Ursache", sagt Niederhofer.

Lerneffekt

Vor-Ort-Service, also in der Wohnung der Klienten, ist daher bei komplexen Problemen oder bei kompletten Programm-Einschulungen oft am sinnvollsten. "Manches kann ich nur schwer in Worte fassen. Wie soll das dann ein Laie schaffen?", zeigt Ansh Verständnis.

Der Druck ist vor Ort nicht größer, selbst wenn mal vor wartenden Einkäufern die Registrierkasse im Geschäft repariert wird. Im Gegenteil: Letztlich erwecken besonders schwierige Herausforderungen den Ehrgeiz und die Leidenschaft. "Manchmal kommt man dann beim elften Mal auf eine einfachere Lösung drauf", sagt Ansh. "Es ist meistens nicht so kompliziert, wie man denkt."

Beharrlichkeit

Beide Techniker legen Wert drauf, dass der Klient am Ende auch die Lösung versteht und daraus lernt. Beim nächsten Mal könnten sie sich dann unter Umständen selbst helfen. Und meist sei es ja nicht nur ein Problem: "Wenn sie uns schon da haben", sagt Niederhofer, "werden sie gleich alle Fragen los." Der ebenfalls stets beharrliche TV-Kommissar Columbo lässt grüßen. Manche Kunden buchen sich ein Helferlein jeden Monat für mehrere Stunden.

"Ich darf aber nicht fünf Stunden an derselben Sache sitzen. Wenn etwa das Mainboard beschädigt ist, ist es in 90 Prozent der Fälle sinnvoller, dieses zu tauschen als zu reparieren versuchen", sagt Ansh. "Es ist nicht schlimm, wenn man vor Ort nicht weiterkommt. In der Filiale hat man ja auch mehr Equipment. Es geht darum, das Problem zu lösen – und kein zweites zu schaffen."

New York – Hongkong

Dann ist auch der Kunde zufrieden, wie einst ein pensionierter AUA-Pilot, erzählt Niederhofer. Dieser hatte sich in den 90ern einen Flugsimulator gekauft und ist damit auf Windows 95 gerne die Strecke New York – Hongkong in Echtzeit geflogen. Unter Windows 10 lief das alte Spiel jedoch nicht mehr. Ein Emulator, mit dem man alte Systeme nachbilden kann, brachte die Lösung. Der Mann kann also wieder fliegen. (Andreas Gstaltmeyr, 5.8.2019)