Pedro Sánchez sortiert momentan seine Optionen. In diesem Fall mit Pablo Iglesias von Podemos.

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In Spanien haben die Verhandlungen über eine Regierungsbildung begonnen. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir daran arbeiten, zu einer Einigung zu kommen", erklärte der Chef der linksalternativen Unidos Podemos (UP), Pablo Iglesias, Dienstagabend nach einem mehr als zweistündigen Treffen mit dem alten und neuen Regierungschef und Chef des sozialistischen PSOE, Pedro Sánchez. "Ich bin optimistisch, aber wir müssen umsichtig, diskret und ruhig handeln", so Iglesias. Vonseiten der Regierung wurde das Treffen als "sehr positiv und konstruktiv" bezeichnet.

Sánchez und der PSOE gewannen die Wahlen am 28. April, brauchen aber einen Partner, um zu regieren. Denn der PSOE verfügt nur über 123 der insgesamt 350 Abgeordneten im spanischen Parlament. Mit UP bestehen die meisten programmatischen Überschneidungen. Zusammen mit dem Linksalternativen wären es 165 Parlamentssitze.

Zwar ist auch das nicht die absolute Mehrheit, doch kommen die drei Rechtsparteien – der konservative Partido Popular (PP), die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) und die rechtsextreme Vox – zusammen nur auf 149. Ein stabiles Bündnis PSOE/UP könnte deshalb ruhig regieren, solange sich ein Teil der kleineren Regionalparteien bei Abstimmungen enthält.

Doch auch wenn sich beide Parteien einig sind, dass sie zusammenarbeiten wollen, stellt sich die Frage nach dem Wie. UP möchte eine Koalitionsregierung: Nur dies gebe Stabilität für eine fortschrittliche Politik, betont Iglesias.

"Privilegierte Partnerschaft"

Sánchez hingegen zögert. PSOE-Vertreter reden von einer "einfarbigen Regierung". Wenn überhaupt, dann wollen die Sozialisten "Unabhängige mit sozialem Prestige" ins Kabinett aufnehmen. Mit UP sollen, wie bereits in der vergangenen Legislaturperiode, wichtige Programmpunkte der Regierungspolitik abgestimmt werden, mehr aber auch nicht. "Privilegierte Partnerschaft" nennen die Sozialisten dies.

Sánchez weiß, dass Iglesias geschwächt ist. UP, die vor drei Jahren knapp hinter dem PSOE lag, hat jetzt als ein Drittel der Abgeordneten verloren. Viele Wähler kehrten zu den Sozialisten zurück, denen sie einst aus Enttäuschung über die Sparpolitik den Rücken gekehrt hatten. Eine Alleinregierung, die sich auf wechselnde Mehrheiten stützen kann, würde Sánchez ins Zentrum des politischen Geschehens rücken und ihn als moderaten, dialogbereiten Staatsmann dastehen lassen. Genau das wollen viele Spanier in Zeiten der sozialen Konflikte und der ständigen Auseinandersetzungen mit der Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens. Die Sozialisten versprechen sich davon, UP weiter zu schwächen.

Bevor sich Sánchez mit Iglesias zusammensetzte, traf er auch den Chef des PP, Pablo Casado, sowie denjenigen der Cs, Albert Rivera. Am liebsten wäre den Sozialisten, dass sich die Cs-Abgeordneten bei der Amtseinführung von Sánchez der Stimme enthalten. Damit hätte Iglesias und seine UP kein Druckmittel mehr in der Hand. Doch Rivera weigert sich strikt. Zumindest im Augenblick.

In weniger als drei Wochen gehen die Spanier erneut an die Urnen. Dann werden nicht nur die 54 spanischen Europaabgeordneten gewählt, sondern auch überall im Land die Kommunalverwaltungen und in den meisten Regionen die Autonomieregierung und das Autonomieparlament. Je nachdem, wie diese Wahlen ausgehen, werden regionale und kommunale Themen ins Verhandlungspaket einfließen. Rivera wird dann sicher seine harte Haltung überdenken müssen.

Auf eines haben sich PSOE und UP bereits geeinigt: Sie werden ihr Gewicht im neuen Parlament nutzen, um sich die Mehrheit im Parlamentspräsidium zu sichern. In den vergangenen zehn Monaten scheiterten mehrere parlamentarische Initiativen der Sozialisten und der Linksalternativen am Parlamentspräsidium. Denn dort hatten, nachdem Sánchez per Misstrauensvotum an die Regierung gekommen war, weiterhin PP und Cs die Mehrheit. Sie nutzten sie, wann immer dies möglich war, um Anträge zu verschleppen.(Reiner Wandler aus Madrid, 8.5.2019)