Am Freitag ist die Strafanzeige der SPÖ gegen Barbara Kolm, Vizepräsidentin der Oesterreichischen Nationalbank, Präsidentin des Hayek-Instituts und des Austrian Economic Center (AEC) sowie Chefin von Triple A (gehört Kolms Ehemann), und gegen Unbekannte bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt. Man werde die Sachverhaltsdarstellung nun einmal prüfen, erklärt die Sprecherin der Behörde.

Allerdings geht es in der Parteispendenangelegenheit im Umfeld der von der FPÖ in die Nationalbank (OeNB) entsandten Ökonomin Schlag auf Schlag. Noch am Freitagnachmittag hat die Anwaltskanzlei der SPÖ, Freimüller/Obereder/Pilz, eine ergänzende Sachverhaltsdarstellung eingebracht.

Sie fußt auf einem Bericht der Wiener Zeitung, wonach es bei den Parteispenden an die rechte europäische "Allianz der Konservativen und Reformer in Europa" (Acre) zu einer Art Geldkarussell gekommen sei.

"Umfärbelung"

Demnach soll die Acre, die auch dank der Spenden aus Kolms Umfeld öffentliche Parteifördermittel lukrieren konnte, ihrerseits zwei Zahlungen von je 59.500 Euro ans Hayek-Institut und ans AEC getätigt haben. Die Aufträge sollen im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Free Market Roadshow" erfolgt sein.

Der in der Anzeige der SPÖ geäußerte Verdacht: Es werde zu prüfen sein, ob die Verdächtige überhaupt Leistungen für den erhaltenen Betrag erbracht hat. Oder ob es sich um eine "Umfärbelung" des Acre-Geldes handle, das in der Folge als angebliche Kofinanzierung zur Erlangung weiterer öffentlicher Gelder wieder an die Acre zurückgeflossen sei.

Spenden der Familie

An diesem Punkt kurz zur Erklärung: Europäische Parteien finanzieren sich großteils aus öffentlichen Förderungen. Um an die zu gelangen, braucht es aber einen Eigenfinanzierungsanteil von 15 Prozent. Laut SPÖ-Anzeige hat die Acre das 2017 nicht geschafft, obwohl sie die ihr theoretisch zustehenden öffentlichen Förderungen von 2,75 Millionen Euro bereits budgetiert hatte. Tatsächlich blieb sie mit ihrer Kofinanzierung (Spendeneinnahmen) unter den Erwartungen, konnte nur 2,15 Millionen Euro abrufen.

Womit wir beim Ausgangspunkt der Angelegenheit wären: 2018 spendeten Triple A und Personen aus Kolms engstem Umfeld insgesamt 88.000 Euro an die Acre. Kolms Mutter etwa, eine pensionierte (Nachhilfe-)Lehrerin aus Innsbruck, sowie Exmanager Peter Takacs (ÖVP). All das erschließt sich aus der Spenderliste. Insgesamt sollen Personen aus Kolms Umfeld 2017 und 2018 in Summe rund 150.000 Euro an die Acre gespendet haben. Parteien in der EU dürfen pro Spender maximal 12.000 bzw. 18.000 Euro im Jahr annehmen.

Sie ortet ein durchsichtiges taktisches Wahlkampfmanöver, in das sie sich nicht hineinziehen lassen will: Barbara Kolm.
Foto: Hendrich

Der Verdacht: 2018 zumindest könnte ein größerer Spendenbetrag (die 88.000 Euro) gesplittet worden sein. Takacs jedenfalls bestreitet laut Kurier, auch nur einen Cent gespendet zu haben: Er sei zwischen Tür und Angel gefragt worden, ob sein Name auf einer Spende für Europa aufscheinen könnte. An Kolm prasselt das laut Kurier ab: "Jeder, der spendet, muss aufscheinen. Falls jemand zu Unrecht (auf der Liste; Anm.) aufscheint, würde ich der Person raten, dem nachzugehen."

Allein die 88.000 Euro aus dem Vorjahr hätten laut Rechnung von Anwalt Michael Pilz der Acre die Abrufbarkeit zusätzlicher öffentlicher Mittel von fast 500.000 Euro ermöglicht. Es bestehe der Verdacht, dass da europäische Finanzierungs- und Kontrollbehörden getäuscht worden seien. Kurzum: Verdacht auf Behördenbetrug.

Parlament prüft

Mittlerweile ist die Affäre in der EU angekommen: Das EU-Parlament wird die Spenden an die Acre prüfen, hieß es aus Brüssel. Ein Schritt, den Kolm laut ihrem Kommentar zu alledem begrüßt.

In ihrer Nachtragsanzeige von Freitag stellt die Anwaltskanzlei der SPÖ in den Raum, dass es sich gar nicht um Spenden gehandelt habe, sondern um "betrügerische Transaktionen, mit dem Zweck, die Parteienförderung der Acre unrechtmäßig zu erhöhen". Betrugs- und Untreueverdacht stehen im Raum.

Kolm, für die die Unschuldsvermutung gilt, sieht die Anzeige "mehr als gelassen". Die sehr gute Kooperation zwischen dem AEC und Acre bzw. deren Vorgängerin sei bekannt, transparent und öffentlich, bis hin zu den "von den EU-Behörden geprüften und freigegebenen Verträgen". Die "Free Market Show" sei eine wertvolle Plattform für die Allianz. Die Spenden hätten mit dieser Kooperation überhaupt nichts zu tun. Kolm: "Es ist aber natürlich richtig, dass die Acre über unsere Veranstaltungsreihen Kontakte geknüpft hat."

ÖVP und FPÖ nervös

Die Anzeige der SPÖ sei ein "mehr als durchsichtiges taktisches Manöver im Wahlkampf", sie lasse sich nicht in ein Dirty Campaigning einzelner Parteien in den Wahlkampf ziehen. Und Kolm ist sicher, kein Fehlverhalten gesetzt zu haben.

Hinter den Kulissen sollen FPÖ und ÖVP, die in der heißen Phase des EU-Wahlkampfs stehen, aber sehr über OeNB-Vizepräsidentin Kolm diskutieren. Vor den Kulissen sagt der Sprecher des Finanzministeriums, das Eigentümervertreter der OeNB ist, dies: "Es bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft überhaupt Ermittlungen aufnimmt." (Renate Graber, 10.5.2019)