Wien – Im Fall jenes handgreiflichen Konflikts an einer HTL in Wien-Ottakring, der zu breiten Diskussionen über Gewalt an Österreichs Schulen geführt hat, wird es Konsequenzen für mehrere Schüler geben. Die Schule beantrage den Ausschluss von sechs Schülern, drei weiteren werde das angedroht, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" am Sonntagabend.

Für zwei weitere Schüler bleibe es bei einer Ermahnung, so das Ergebnis der Disziplinarkonferenz der Schule. Auf den "sehr dramatischen" Vorfall hätte man bereits im vergangenen Herbst reagieren können, dass erst jetzt Konsequenzen gezogen werden, dauere ihm zu lang, so Faßmann.

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Ein schneller ausgesprochener Schulausschluss hätte möglicherweise eine präventive Wirkung haben und den "Eskalationsprozess" stoppen können, so der Minister, der am Freitag auch in Reaktion auf den Fall einen Neun-Punkte-Plan gegen Gewalt und Mobbing an Schulen präsentiert hatte. Dieser umfasst unter anderem präventive Teambuilding-Maßnahmen, die Qualifizierung von Lehrern zu Streitschlichtern sowie die Einrichtung von Time-out-Gruppen.

Wien fordert mehr Unterstützungspersonal

Der Neun-Punkte-Plan des Ministeriums habe für ihn nur dann eine Chance auf Erfolg, wenn es zusätzliche Ressourcen und "ein deutliches Mehr an Unterstützungspersonen" für Schulen gebe, sagte der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Ein Schulausschluss sei für ihn zudem "nie eine präventive Handlung". Für die Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien läuft man Gefahr, mit Time-out-Gruppen Probleme lediglich hinauszuzögern. Bei derartigen Vorkommnissen müsse nicht nur bei den Tätern, sondern "bei der ganzen Schule angesetzt" werden.

Der Fall an der HTL im 16. Wiener Gemeindebezirk sorgte für viel Aufregung – nun folgen erste Konsequenzen.
Foto: Fischer

Faßmann wies in dem Zusammenhang auf ein "buntes Potpourri" an psychosozialer Unterstützung hin, das den Schulen bereits zur Verfügung stehe. Man müsse sich den unübersichtlichen Einsatz der Ressourcen in den Bereichen Schulpsychologie und Schulsozialarbeit aber nun "genau anschauen". Er werde daher nicht automatisch zusätzliche Mittel fordern, sondern diesen "Irrgarten" zuerst ordnen.

Eltern fordern Ombudsstellen

Die drei großen Elternverbände fordern nach den Berichten über den Schüler-Lehrer-Konflikt an der HTL in Ottakring die Schaffung niedrigschwelliger Ombudsstellen in ganz Österreich. Eltern müssten auch abseits der Bildungsdirektionen Rat und Hilfe finden können, hieß es in einer gemeinsamen Aussendung der Verbände an Pflichtschulen und höheren Schulen sowie der katholischen Elternvereine.

Unterdessen arbeitet weiterhin eine Kommission an einer Klärung der Vorfälle, bis Mitte nächster Woche soll ihr Bericht vorliegen. Die Kommission soll herausfinden, wieso die Situation in der Klasse derart eskalieren konnte. Auch die Rolle des Schulleiters soll beleuchtet werden. Die Entscheidung sechs Schüler der Schule zu verweisen muss von der Bildungsdirektion bestätigt werden, diese will dafür laut einem Sprecher den Bericht der Kommission abwarten.

Neuer Vorfall: Schüler nennt Lehrer "Hurensohn"

Ein neuer Vorfall an einer Wiener HTL sorgt für Aufsehen: Auf einem Video, das die Gratiszeitung "Heute" veröffentlichte, ist eine tumultartige Szene aus einer Klasse zu sehen. Ein Lehrer mit einem Besenstiel in der Hand verfolgt einen Schüler vor die Tür des Klassenzimmers und ruft immer wieder "Verschwinden's, heast!" Der Schüler droht damit den Direktor zu holen und bezeichnet den Lehrer als "Hurensohn". Laut APA liege dieser Vorfall bereits mehrere Jahre zurück. Er sei daher kein Thema für die Kommission. (APA, red, 13.5.2019)

Sehen Sie im Video-Gespräch: Soziologe Güngör erklärt, welche Strategien gegen Mobbing in der Klasse helfen. HTL-Direktorin Mikovits beschreibt, wie sie mit Problemfällen umgeht.
DER STANDARD