Der Handelsstreit mit China ist eines der wenigen Themen, bei denen US-Präsident Donald Trump Applaus von Kritikern und politischen Gegnern erhält. Denn das chinesische Regime, so eine weitverbreitete Meinung, untergrabe mit seinem Staatskapitalismus die Grundlagen des freien Welthandels, durch massive Subventionen von Exportindustrien, Einschränkungen für Investoren und den systematischen Diebstahl von geistigem Eigentum. Selbst wenn Trumps neue Strafzölle auch US-Verbraucher kurzfristig viel Geld kosten: Sollte es dadurch gelingen, China zum Einlenken zu bringen, dann hätte sich sein harter Kurs ausgezahlt. Denn es wäre ein Schritt zu einer besseren Welthandelsordnung.

Starke Abhängigkeit vom US-Markt

Doch kann das gelingen? Es stimmt, dass Chinas starke Abhängigkeit vom US-Markt Trump einen starken Hebel in die Hand gibt. Doch das Kernproblem der laufenden Verhandlungen ist, dass die Chinesen zahlreiche Einzelzugeständnisse anbieten, die Amerikaner aber eine Systemänderung fordern: China müsse sich von seinem Wirtschaftskurs der letzten 30 Jahre verabschieden.

Das ist erstens nur sehr schwer umsetzbar, denn es erfordert neue Eigentumsstrukturen, Rechtsnormen und eine völlig andere Wirtschaftskultur. Und sollte zweitens Xi Jinping diesen Wünschen tatsächlich nachkommen, wäre dies ein massiver Gesichtsverlust für die aufstrebende Supermacht. Eine solche Kapitulation muss deren machtbewusster Präsident auf jeden Fall vermeiden.

Chinas Führung hat einen weiteren Grund, nicht nachzugeben. Sie weiß, dass Trump das Wesen des Welthandels nicht versteht; er vergleicht Amerikas Leistungsbilanzdefizite ständig mit Unternehmensverlusten. Selbst ein zügiger Kurswechsel würde das Ungleichgewicht bei den Exporten nicht rasch korrigieren. Auch nach vielen Zugeständnissen müsste Peking mit neuen Strafzolldrohungen rechnen.

Pattsituation erhöht Gefahr

Das schafft eine Pattsituation und erhöht die Gefahr, dass die beidseitigen Strafzölle jahrelang stehenbleiben. Trump selbst könnte damit gut leben: Er liebt den Protektionismus. Doch eine Abschottung der zwei weltgrößten Volkswirtschaften würde beide schwer treffen und die gesamte Weltwirtschaft belasten. Selbst Trump wäre wohl nicht mehr so gelassen, wenn fallende Börsen und ein mageres Wachstum seine Wiederwahl gefährdeten.

Wie dieses Hochrisikomatch ausgeht, lässt sich nicht voraussagen. Es hängt weniger von China als von Trump ab. Dieser hat zwei Wesen, die miteinander konkurrieren: Er ist ein beinharter Kämpfer, der keine Niederlage akzeptieren kann. Aber er ist auch ein leidenschaftlicher Dealmaker, der sich gerade mit Rivalen gerne einigt.

Trump will China unbedingt besiegen, aber für den Autokraten Xi hegt er eine Schwäche. Derzeit schwankt er zwischen diesen beiden Persönlichkeitszügen im Stundentakt. Das Schicksal der Weltwirtschaft hängt letztlich davon ab, welches seiner beiden Naturelle am Ende obsiegt. (Eric Frey, 13.5.2019)