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Griss im Sporthandel ums Leiberl fürs Laufen: Die Textilbranche ist ein hartes Pflaster.

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Wien – "Ein Händler ohne E-Commerce ist kein Händler", sagt Hervis-Chef Alfred Eichblatt – er wünsche allen Sporthändlern, die keine Energie ins Internetgeschäft investieren, viel Glück. Konkurrenten nennen den Onlinehandel ein Haifischbecken, in dem stationäre Unternehmen in der Sportartikelbranche nur verlieren – vor allem wenn sich neben Amazon auch Riesen wie Alibaba ausbreiteten. Eichblatt ist überzeugt, dass die Österreicher die starke Verzahnung der Filialen mit dem Webgeschäft honorieren.

Hervis hat den Onlineumsatz im Vorjahr eigenen Angaben zufolge um 40 Prozent gesteigert und erzielt damit fünf Prozent des Geschäfts übers Internet. In Summe stagnierte der Umsatz auf 520 Millionen Euro, ließ Handelskonzern Spar als Eigentümer jüngst wissen und kündigte an, heuer wieder ein wenig mehr Fokus auf stationäre Hervis-Standorte zu legen.

Insolvenz in Deutschland

Amazon gilt in Deutschland bereits als zweitgrößter Sporthändler. Ketten wie Voswinkel kämpfen dort ums Überleben. Das zu Intersport gehörende Unternehmen mit 74 Filialen meldete Insolvenz an. Österreichs Sporthändler konnten ihr Revier gegen Amazon bisher besser verteidigen. Fachhändler sind stärker vertreten als in Deutschland, die Dichte an Filialen ist höher. Dazu kommen fast doppelt so hohe Pro-Kopf-Ausgaben für Ausrüstung rund um den Sport, was auch den Touristen geschuldet ist. Dennoch zogen auch hierzulande die Internetausgaben für Sportartikel 2019 um 18 Prozent an, ließ der Handelsverband erheben. Mehr als ein Zehntel des Marktes spiele sich im Web ab.

Neue Konkurrenz

Es war die schwierige Wetterlage, die Hervis etwas bremste, meint Eichblatt im STANDARD-Gespräch. Er erinnert zudem an die widrige Lage des Schuh- und Textilmarktes: Alle hätten zu kämpfen, selbst stark expandierende Konzerne. Keinen Einfluss auf die Entwicklung von Hervis in Österreich hätten neue Konkurrenten wie XXL und Decathlon, ist sich Eichblatt sicher. Vor allem zu Decathlon sieht er keinerlei Überlappungen. Anders als Decathlon-Geschäftsführer Gabor Posfai – er legte Hervis kürzlich nahe, das Profil zu schärfen, da man sich auf dem gleichen Markt bewege. "Das ist eine Empfehlung, die wohl für alle Händler gilt", sagt Eichblatt.

Hervis hält in Österreich nach Marktführer Intersport und Sport 2000 einen geschätzten Marktanteil von 20 Prozent. Die Handelskette ist in vielen Einkaufszentren der Spar eingemietet und seit Jahren auf Expansionskurs. Bis Jahresende will Hervis in sieben Ländern zwölf bis 13 neue Filialen eröffnen, gut eine Handvoll davon in Österreich, ebenso viele in Rumänien. In Bayern sei man mit insgesamt elf Standorten noch in der Phase der Orientierung, sagt Eichblatt. "Wir sind gerade dabei, den Markt verstehen zu lernen."

Leiberl aus Seetang

Auf Erkenntnissuche ist Hervis auch im Verleihgeschäft. Die Devise lautet: Sportausrüstung mieten statt kaufen. Bei Hardware wie Stand-up-Paddle-Boards, Radlträgern, Kinderskiern und Tischtennistischen laufe es sehr gut, resümiert Eichblatt. Weniger bewähre sich das Service bei Textilien oder Schlafsäcken, was aber kein Beinbruch sei: "Wir wollen derzeit einfach herausfinden, wo die Kundenbedürfnisse liegen." Schlafsäcke würden nach einmaligem Gebrauch übrigens entsorgt.

Ansonsten verspricht der Sporthändler mehr Nachhaltigkeit. Bei Eigenmarken-Textilien werde bis 2025 komplett auf per- und polyfluorierte Chemikalien verzichtet. Stattdessen soll recyceltes Polyester, das etwa aus PET-Flaschen gewonnen wird, zum Einsatz kommen. In Hallein kooperiert Hervis mit einer Modeschule. Ziel ist eine umweltfreundliche Kollektion aus Materialien wie Leinen, Tencel, Schafwolle und Seetang. (Verena Kainrath, 14.5.2019)