Initiatoren von "Die Vielen" (von links nach rechts): Ruth Brauer-Kvam, Sabine Haupt (Schauspielerinnen), Gerald Bast (Angewandte), Kira Kirsch (Brut), Matthias Beitl (Volkskundemuseum), Susanne Scholl (Omas gegen rechts), Heidrun Primas (Forum Stadtpark), Gerhard Ruiss (IG Autoren), Autorin Olga Flor, Yvonne Gimpel (IG Kultur), Autorin Gerhild Steinbuch.

Barbara Palffy

"Die Vielen" wählten goldene Rettungsdecken, wie sie im Zuge der Flüchtlingskrise zum Einsatz kamen, zu ihrem Symbol.

Die Vielen

Glänzen will man, sichtbar sein, politisch demonstrieren und dennoch tanzen. Mit gold schimmernden Wärmedecken als Symbol versprach man Einigkeit. "Wir sind ziemlich viele – in ganz Europa", heißt es in der Technohymne, die DJ Bernhard Fleischmann für die neu formierte Bewegung komponiert hat.

"Die Vielen" nennt sich eine länderübergreifende Initiative von Kulturinstitutionen und einzelnen Unterstützern, die 2018 in Deutschland gegründet wurde. Sie will sich bemerkbar machen gegen jene anderen Vielen, Europas Rechtspopulisten, die zunehmend demokratische Grundprinzipien wie Presse- und Kunstfreiheit untergraben würden und die bei der kommenden EU-Wahl weiter an Boden gewinnen könnten.

In Deutschland haben sich bereits 2.300 Kultureinrichtungen der Initiative angeschlossen, in Österreich, wo man sich erstmals im Jänner dieses Jahres im Theater Brut traf, sind es mittlerweile 270 Unterstützende: Institutionen aus ganz Österreich, darunter die Bregenzer Festspiele, das Grazer Forum Stadtpark und das Kunsthaus, die Landestheater Linz, Salzburg und Niederösterreich, Festivals wie Steirischer Herbst, Crossing Europe, Viennale oder die Wiener Festwochen sowie große Kultureinrichtungen des Bundes wie das Burgtheater und das Belvedere sind dabei.

Gegen Druck und Zensur

Am Dienstag fanden sich "Die Vielen Österreich" im Wiener Volkskundemuseum ein, wo aktuell eine große Ausstellung zu 100 Jahren Frauenwahlrecht in Österreich zu sehen ist. Matthias Beitl, Direktor des Museums, erklärte sein Engagement damit, dass sich der politische Diskurs in ganz Europa nach rechts verschoben habe. Hierzulande könne man das etwa daran erkennen, dass Leute wie Ex-VP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Ex-Raiffeisen-General Christian Konrad als "Altlinke diffamiert werden, während der rechte Maler Odin Wiesinger in den oberösterreichischen Landeskulturbeirat einzieht".

Seite an Seite mit Initiatoren wie Brut-Chefin Kira Kirsch, Gerald Bast (Rektor der Wiener Angewandten), der Schauspielerin Ruth Brauer-Kvam, der Autorin Olga Flor oder Susanne Scholl von Omas gegen rechts gab man, wie bereits in Deutschland erfolgt, eine "Erklärung der Vielen in der Republik Österreich" ab. Verlesen wurde sie von Burg-Schauspielerin Sabine Haupt.

Gegen "Renationalisierung der Kultur"

Darin hält man fest, sich für die Freiheit und Vielfalt der Kunst einsetzen zu wollen und sich zu solidarisieren, wenn diese durch inhaltlichen oder finanziellen Druck eingeschränkt werden soll. Man verwehre sich außerdem gegen eine "Renationalisierung der Kultur", eine "Politik der Abwertung und Ausgrenzung" und allem voran gegen das Infragestellen der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Man erinnerte daran, dass diese einst durch Leopold Figl unterzeichnet wurde, nachdem 190.000 Ungarn-Flüchtlinge Aufnahme in Österreich gefunden hatten. In der Flüchtlingsbewegung 2015 seien 98.000 Menschen nach Österreich gekommen, und Herbert Kickl (FPÖ) habe die EMRK als "ungeeignet" bezeichnet.

Tätig werden wollen "Die Vielen", wenn, wie zuletzt beim Filmbeirat des Kulturministeriums, Nachbesetzungen mit "fachlich ungeeigneten" Personen besetzt würden oder beratende Gremien, wie im Fall Odin Wiesinger, politisch instrumentalisiert werden. Auch auf der Straße will die Initiative sichtbar werden: An einer Demonstration am 19. Mai in Wien für ein "solidarisches Europa" beteiligt man sich als in goldene Folie gehüllter "Glänzender Block der Kunst und Kultur".

Mit Rechten reden?

Die Liste an Einzelpersonen, die sich an "Die Vielen" beteiligen, ist schon jetzt lang und namhaft: Schauspieler wie Nicholas Ofczarek, Adele Neuhauser, Pia Hierzegger oder Verena Altenberger, der Regie-Jungstar Ersan Mondtag, die Autoren Ferdinand Schmalz, Josef Haslinger, Franzobel, die Musikerin Eva Jantschitsch (Gustav) oder der Schriftsteller und Regisseur David Schalko, der seine Beweggründe in einem Statement so formulierte: "Wir sollten bloß nicht glauben, dass hier die Mitte ist. Wenn so viel über Freiheit der Kunst und Presse diskutiert wird, dann stehen wir direkt am Abgrund."

Aber setzt man sich nicht selbst dem Zensurvorwurf aus, wenn man – wie in der Erklärung formuliert – "kein Podium für völkisch-nationalistische Propaganda" bieten will? Verstößt – anders gesagt – schon gegen die Erklärung, wer die FPÖ auch nur zu einer Diskussion einlädt? Nein, meint Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren. Denn liberale und antiliberale Kräfte gebe es "in allen Parteien". Es gehe gar nicht darum, "zu wem man gehört, sondern welche Haltung man hat". (Stefan Weiss, 14.5.2019)