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Eine Uran-Konversionsanlage im Iran (Archivbild): Hier wird aus Natururan in mehreren Schritten Uranhexafluorid für die Anreicherung hergestellt.

Foto: AP / Vahid Salemi

Frage: Der Iran will nicht mehr alle Auflagen des 2015 in Wien abgeschlossenen Atomabkommens erfüllen. Worum handelt es sich konkret?

Antwort: Der Iran will die im JCPOA – Joint Comprehensive Plan of Action, so heißt das Dokument von 2015 – festgesetzten Obergrenzen für niedrig angereichertes Uran (LEU) und für Schwerwasser nicht mehr einhalten.

Frage: Warum sind diese Obergrenzen wichtig?

Antwort: Aktuell bedeutend ist die Obergrenze von 300 Kilogramm auf 3,67 Prozent angereichertem Uran (Uran-235). Diese Obergrenze sollte ab Jänner 2016 für 15 Jahre gelten. Denn der Sinn des JCPOA ist es ja, dem Iran nicht zu erlauben, genügend LEU im Land zu haben, um durch weitere Anreicherung genügend Material für eine Atombombe erzeugen zu können. Schwerwasser dient zum Betrieb eines Schwerwasserreaktors – aber den hat der Iran nicht mehr. Ein Forschungsreaktor in Arak, der ein Schwerwasserreaktor gewesen wäre, wird gerade – ebenfalls dank Atomdeal – umgebaut. In einem Schwerwasserreaktor fällt Plutonium an, das ebenfalls für die Waffenproduktion verwendet werden könnte.

Frage: Heißt das nun, dass der Iran innerhalb kurzer Zeit genug angereichertes Uran für eine Atombombe haben wird?

Antwort: Nein, das heißt es nicht. Es ist noch nicht klar, ob der Iran wirklich signifikant schneller 3,67-Prozent-Uran produzieren wird. Momentan steht der Iran bei einem Bestand von 150 Kilo Uran, also der Hälfte des Erlaubten. Bei der jetzigen Produktionsgeschwindigkeit würde es lange dauern, die 300 Kilo zu erreichen und zu überschreiten. Es ist nicht anzunehmen, dass der Iran den USA einen Kriegsgrund liefern will.

Frage: Also ist das Ganze eine Augenauswischerei?

Antwort: Kann man auch nicht sagen. Der Iran hat ja angekündigt, dass in zwei Monaten, also Anfang Juli, weitere Restriktionen abgeschüttelt würden. Das würde nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität betreffen: Der Iran könnte wieder auf knapp 20 Prozent (19,75 Prozent) anreichern. Das fällt zwar gerade noch unter niedrig angereichertes Uran, ist aber schon wesentlich höher und verkürzt den Weg zum waffenfähigen Uran.

Frage: Hat der Iran bereits waffenfähiges Uran produziert?

Antwort: Nein. Aber der Iran hat in der Vergangenheit an mehreren Aspekten eines Atomwaffenprogramms geforscht. Auch US-Geheimdienste gehen davon aus, dass diese Arbeiten vor etlichen Jahren eingestellt wurden.

Frage: Warum überhaupt will der Iran sich nicht mehr an die Beschränkungen seiner Urananreicherung halten?

Antwort: Die Begründung ist, dass die Einhaltung dieser Verbote von den USA selbst unmöglich gemacht werde. Und da ist schon etwas dran. Die USA haben in einer neuen Sanktionsrunde Anfang Mai einen wichtigen Punkt im JCPOA attackiert: Sie belegen andere Staaten mit Sanktionen, die, wie im JCPOA vorgesehen, dem Iran das angereicherte Uran abnehmen und im Tausch dafür natürliches Uran (Yellow Cake) liefern. Auch diese US-Maßnahme würde keine sofortige Krise erzeugen, weil der Iran, wie zuvor erwähnt, momentan stark unter der erlaubten Grenze ist. Aber irgendwann würden die 300 Kilo doch erreicht – und könnten nur ausgeführt werden, wenn der Iran auf die ihm im JCPOA erlaubten Gegengeschäfte verzichtet.

Frage: Und die Sache mit dem Schwerwasser?

Antwort: Da ist der Iran nahe an den erlaubten 130 Tonnen. Der Iran hat im Oman ein Lager gemietet, wohin das überschüssige Schwerwasser exportiert wird. Dieses Geschäft mit dem Oman fällt aber ebenfalls unter US-Sanktionen. Aus technischen Gründen ist eine Reduktion der Produktion sehr schwierig. Gegen die Schließung der Schwerwasserproduktion wehrt sich der Iran mit dem Argument, dass viele Arbeitsplätze verloren gehen würden.

Frage: Was hat die US-Regierung eigentlich gegen den Atomdeal?

Antwort: Die Verbote im JCPOA sind zeitlich begrenzt; hält sich der Iran daran, dann laufen sie nach und nach aus. Das heißt, der JCPOA stellt nicht das prinzipielle Recht des Iran infrage, Uran anzureichern. Die Gegner des Iran wollen, dass ihm dieses Recht genommen wird, damit ihm auch in der Zukunft der Weg zu waffenfähigem Material und zu Waffen abgeschnitten bleibt. Außerdem hätte die US-Regierung gerne auch andere Punkte ins Abkommen inkludiert: das ehrgeizige iranische Raketenprogramm und die aggressive iranische Regionalpolitik.

Frage: Wer darf eigentlich Uran anreichern?

Antwort: Der NPT (Non-Proliferation Treaty, Nichtverbreitungsvertrag von Atomwaffen) spricht kein Verbot aus, aber die Unterzeichnerstaaten müssen sich an strenge Auflagen, Meldepflichten und Kontrollen halten. Der Iran hat verschiedene Schritte seines Anreicherungsprogramms verheimlicht, was – gepaart mit dem Raketenprogramm und Drohungen gegen Israel – den Verdacht nahelegte, das Programm habe nicht nur einen zivilen, sondern auch einen militärischen Zweck.

Frage: Was wäre der zivile Zweck?

Antwort: Die Produktion von Brennstoff für Reaktoren. Für seinen alten Forschungsreaktor in Teheran (TRR) hat der Iran bereits Brennstoff aus seinem auf 20 Prozent angereicherten Uran erzeugt. Der Iran hat Probleme, auf dem Weltmarkt zu kaufen. Außerhalb des JCPOA arbeitet nur Russland mit dem Iran zusammen, das auch das Kraftwerk Bushehr gebaut hat und Brennelemente dafür liefert. Die Russen nützen ihre Monopolstellung im Iran aus und verlangen Preise über den Weltmarktpreisen. Die Iraner wollen autark werden. (FRAGE & ANTWORT: Gudrun Harrer, 16.5.2019)