US-Außenminister Mike Pompeo mit dem US-Botschafter im Irak.

Foto: APA/AFP/POOL/MANDEL NGAN

Washington/Berlin – Im Konflikt mit dem Iran haben die USA ihre Truppen im Nachbarland Irak in hohe Alarmbereitschaft versetzt und den Abzug eines Teils ihres Botschaftspersonals aus dem Land angekündigt. Die US-Truppen im Irak seien womöglich unmittelbar von Angriffen durch Kräfte bedroht, die vom Iran unterstützt würden, erklärte das US-Militär.

Deutschland setzte den Bundeswehr-Einsatz im Irak nach den US-Warnungen am Mittwoch aus, bewertet die Sicherheitslage vor Ort aber offenbar weniger dramatisch als die Regierung in Washington. "Wir haben im Moment keine Erkenntnisse für eine Veränderung der Sicherheitslage", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Man werde daher auch kein Botschaftspersonal abziehen. Auch die Niederlande setzten ihren Einsatz im Nordirak Regierungskreisen zufolge aus.

Ein US-Militärsprecher sagte, Geheimdienste der USA und ihrer Verbündeten hätten "glaubwürdige Bedrohungen" durch vom Iran unterstützte Kräfte ausgemacht. Damit widersprach er dem britischen General Chris Ghika, der im US-geführten Einsatz gegen die Extremistenmiliz IS in der Region Dienst tut. Dieser hatte gesagt, die Bedrohung durch vom Iran unterstützte Kräfte im Irak und in Syrien sei nicht gestiegen. Der Iran sprach von "psychologischer Kriegführung".

Abzug des Botschaftspersonals

Die USA kündigten aus Sicherheitsgründen auch den Abzug eines Teils ihres Botschaftspersonals aus Bagdad sowie von Mitarbeitern des Konsulats im nordirakischen Erbil an. Die Entscheidung zum Abzug der Beamten basiere auf der Einschätzung der Sicherheitslage, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

"Die Bundeswehr hat das Training jetzt ausgesetzt", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin. "Das hat auch damit zu tun, dass wir uns an unseren Partnernationen orientieren, die diesen Schritt unternommen haben." Eigene Hinweise auf eine Bedrohungslage habe die Bundeswehr nicht. Das Auswärtige Amt erklärte, die Sicherheitsvorkehrungen an der deutschen Botschaft und am Generalkonsulat seien ohnehin sehr hoch und der Personalansatz seit langem der Sicherheitslage angepasst.

Die Bundeswehr bildet derzeit mit etwa 160 Soldaten im Irak einheimische Truppen aus. 60 der Soldaten sind im Großcamp Taji bei Bagdad stationiert, der Rest im Nordirak. Unter anderem im Hauptquartier in Bagdad arbeiten deutsche Soldaten Seite an Seite mit amerikanischen Soldaten.

Der Iran warnte die USA vor einem militärischen Konflikt. Einen weiteren Krieg im Nahen Osten könnten sich die Vereinigten Staaten nicht leisten, sagte ein hochrangiger iranischer Regierungsvertreter. Dieser hätte "unvorstellbare Konsequenzen", ergänzte er. Die Führung in Teheran wolle keinen Krieg, sei aber auf alle Szenarien vorbereitet, von "Konfrontation bis Diplomatie". Die USA hatten zuletzt einen Flugzeugträger, Langstreckenbomber und Flugabwehrraketen in die Region verlegt.

US-Reise Pompeos

US-Außenminister Mike Pompeo war erst vor einigen Tagen überraschend in den Irak gereist. Zuvor hatten US-Geheimdienste nach Informationen aus irakischen Sicherheitskreisen Hinweise erhalten, dass vom Iran unterstützte Schiitenmilizen Raketenwerfer in der Nähe von Stützpunkten in Stellung brachten, auf denen US-Truppen untergebracht sind. Pompeo habe die irakische Generalität aufgefordert, die Milizen unter Kontrolle zu halten. Andernfalls würden die USA mit Waffengewalt reagieren. Die militärisch schlagkräftigen Schiitenmilizen hatten maßgeblich zum Sieg über den IS imIrak beigetragen. Sie weiten ihren Einfluss in dem Land aus und sind dort inzwischen Teil der Sicherheitskräfte, operieren aber recht eigenständig.

Der irakische Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi sagte, sein Land habe keine Bewegungen beobachtet, die eine Bedrohung irgendeiner Seite darstellten. "Wir haben den Amerikanern gegenüber deutlich gemacht, dass die Regierung ihre Pflicht erfüllt, alle Beteiligten zu schützen." Die USA haben derzeit etwa 5200 Soldaten im Irak. Die Al-Hashd al-Shaabi (Volksmobilisierungstruppen/PMF), als deren Teil sich die meisten Schiitenmilizen verstehen, zählen etwa 150.000 Mann.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas warnte unterdessen vor einem Flächenbrand im Nahen Osten bei einem Scheitern aller Rettungsversuche für das Atomabkommen mit dem Iran. Das würde auch ernste Folgen für die Sicherheit in Europa mit sich ziehen, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Bundestag. "Wir müssen und wir werden alles tun, um eine militärische Eskalation zu verhindern", sagte Maas.

Der Iran hatte ein Jahr nach dem Ausstieg der USA aus dem mühsam ausgehandelten Wiener Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe vor einer Woche angekündigt, sich nun auch nicht mehr an einzelne Vereinbarungen halten zu wollen. Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte den verbliebenen Partnern China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland eine Frist von 60 Tagen gesetzt, um doch noch zu ermöglichen, dass der Iran wieder von versprochenen Sanktionserleichterungen profitiert. (APA/Reuters, 15.5.2019)