Nicht Bäume und Sträucher entlang der Bahn sind das Problem, sondern im Gleisbett sprießende Unkräuter.

Foto: Elmar Gubisch

Wien – So rasch, wie sich die Bundesbahn ihren Ausstieg aus der Verwendung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat vorgestellt hat, geht es doch nicht. Wohl hat sich die auf den und entlang der Gleisanlagen ausgebrachte Menge seit 2014 von 9,8 auf 2,7 Tonnen, also um zwei Drittel reduziert. Der Erfolg könnte aber auch trügerisch sein. Denn das Vorjahr könnte aufgrund der massiven Trockenheit in Frühjahr und Sommer aus jetziger Sicht ein positiver Ausreißer sein. Die Dürre bremste nämlich auch das Wachstum der Unkräuter ein.

Das räumt auch die Bahn auf Anfrage des STANDARD ein. Am Ziel, bis 2022 dieses Totalherbizid gar nicht mehr auszubringen, halte man fest, betonte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. Einfach gestaltet sich der Ausstieg allerdings nicht. Denn alternative, in der Landwirtschaft zugelassene Wirkstoffe sind nur bedingt eine Alternative oder gehen ins Geld. Nicht systemisch wirkende Pflanzenschutzmittel wie Pelargonsäure etwa müssten mindestens viermal pro Jahr ausgebracht werden, um Pflanzenbewuchs so effektiv zu kontrollieren wie mit Glyphosat.

Für Gleisanlagen zugelassene alternative Pflanzenschutzmittel wiederum haben den Nachteil, dass sie – wie Glyphosat – auch nur einmal pro Jahr ausgebracht werden dürfen, aber nicht annähernd die Wirkung des als möglicherweise krebserregend eingestuften Präparates aus dem Hause Monsanto haben.

Heißes Wasser

Als effektiv gilt heißes Wasser, stellt die Bahn mit ihren mehr als 5600 Kilometern Gleisnetz allerdings vor enorme logistische und finanzielle Herausforderungen. Denn mechanische, physikalische und thermische Anwendungen haben eines gemeinsam: Sie müssen bei niedriger Geschwindigkeit auf das Gleisbett gebracht werden, und das führt zu Behinderungen im Zugverkehr. Hinzu kommt der teils massive Energieverbrauch, der dem Treibhauseffekt eher nicht zuträglich ist.

Nun sucht man in Kooperation mit der Deutschen Bahn und der Schweizerischen Bundesbahn nach tauglichen Ersatzstoffen. Denn Unkraut wuchern lassen ist keine Alternative: Es stört den reibungslosen und sicheren Bahnbetrieb, weil es die Lage der Schienen negativ beeinflussen und das Gleisbett verändern kann. Das zu verhindern, sei die Staatsbahn verpflichtet. Durch den Einsatz des Hightech-Spritzzuges MMT, der das Mittel computergesteuert selektiv (nur bei detektiertem Pflanzenbewuchs) und deutlich sparsamer ausbringt als früher, sei die verbrauchte Menge jedenfalls geringer.

Glyphosat-Zwerg

Österreichweit bringt die massive Eindämmung des Glyphosatverbrauchs der Österreichischen Bundesbahn freilich kaum Verbesserung. Denn wohl gehört die Bahn zu den größeren Einzelverbrauchern in Österreich, im Vergleich zur gesamten verkauften Menge ist sie dennoch ein Zwerg. 2017 wurden in Österreich rund 329 Tonnen des Wirkstoffes Glyphosat verkauft, teilt die Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) unter Verweis auf aktuelle Zahlen des Bundesamtes für Ernährungssicherheit (BAES) mit. Das ist zwar weniger als 2014, wo der Verbrauch im Umweltausschuss des Nationalrats mit 337,9 Tonnen angegeben wurde. Erheblich ist die Verringerung nicht.

Verbraucher im Dunkeln

Wer die Großverbraucher sind, war bei der Ages ebenso wenig zu erfahren wie die Ausbringungsmengen. Abnehmer würden nicht erfasst, teilt die Ages mit, und die Anwendung liege in der Kompetenz der Bundesländer. Und: Glyphosat sei für den Menschen bei sachgerechter Anwendung gesundheitlich weitgehend unbedenklich", heißt es auf der Ages-Website. Das bestätige die wissenschaftliche Neubewertung auf europäischer Ebene. In der Landwirtschaft sei Glyphosat vor allem bei bodenschonenden Maßnahmen und zum Erosionsschutz notwendig, versichert die Ages. (Luise Ungerboeck, 16.5.2019)