Phytoplankton im Meer ist mit bis zu 20.000 Arten nicht nur äußerst vielfältig, es spielt auch eine bedeutsame Rolle. Das photoautotrophe Plankton produziert mehr Sauerstoff als alle Regenwälder zusammen und bildet eine wichtige Nahrungsgrundlage in den Ozeanen.

Schweizer Wissenschafter haben die pflanzliche Planktonvielfalt der Weltmeere untersucht und kamen dabei zu einem überraschenden Befund: Anders als bei anderen Artengruppen sinkt die Vielfalt zu den Polen hin nicht ab, sondern steigt – wenn auch nur leicht. Die mittleren Breiten sind dagegen artenarm.

Auf Basis von 700.000 Wasserproben aus allen Weltmeeren haben die Forscher der ETH Zürich und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) die räumliche und zeitliche Verbreitung von 530 Phytoplanktonarten modelliert. Daraus konnten sie auf die Verteilung der Planktonvielfalt rund um den Globus schließen.

Leere um den 55. Breitengrad

Besonders artenreich sind demnach die tropischen Meeresregionen, vor allem in den Meeren des indonesisch-australischen Archipels, in Teilen des Indischen Ozeans sowie im äquatorialen Pazifik. In den mittleren Breiten nimmt der Artenreichtum des Phytoplanktons der Studie zufolge stark ab und ist um den 55. Breitengrad minimal. Zu den Polen hin steigt die Diversität aber wieder leicht, schreibt das Team um Damiano Righetti im Fachblatt "Science Advances".

"Uns hat erstaunt, dass bei den Polen monatlich betrachtet eine höhere Vielfalt herrscht als in den mittleren Breitengraden", sagte Righetti. Normalerweise sei die Temperatur der ausschlaggebende Faktor, der die Verteilung der Arten und den Artenreichtum steuert. Üblicherweise sinkt die Artenvielfalt zu den Polen hin und ist an den Polen am geringsten.

Zeitliche Dynamik

Beim Phytoplankton trifft das offensichtlich in dieser Form nicht zu. Es müsse auch andere Faktoren geben außer der Temperatur, die die Diversität steuern, so Righetti. Dass die mittleren Breiten eher arm an Planktonarten sind, könnte daran liegen, dass es dort mehr starke Strömungen und Turbulenzen gibt als in polaren oder tropischen Meeren. "Die natürlichen saisonalen Schwankungen und Turbulenzen des Ozeans könnten die Entwicklung von Artenvielfalt unterdrücken, obwohl die Temperaturen hier höher liegen als in den Polarmeeren", sagte der Forscher.

Obwohl die Artenzahl in den mittleren Breiten über die Zeit hinweg konstant blieb, wechselte die Artenzusammensetzung im Jahresverlauf, so ein weiterer Befund der Studie. "Da herrscht im Gegensatz zu tropischen Meeren eine große zeitliche Dynamik, die noch kaum je untersucht wurde", sagte Righetti.

Dank der im Rahmen der Studie entwickelten Modelle lasse sich auch abschätzen, wie sich die Verteilung des Phytoplanktons im Zuge der Erderwärmung verändert, schreiben die Forscher. Die Verschiebungen, die sich durch wärmere Wassertemperaturen für die Verbreitung des Phytoplanktons ergeben, könnten demnach weitreichende Folgen haben. (red, APA, 16.5.2019)