Weiterlesen: Teil 1 – Fußballmeister jenseits der großen Ligen

Polen: Piast Gleiwitz

Ein Hauch von Leicester! Der Sensationsmeister im europäischen Fußball heißt ohne Frage Piast Gleiwitz. Der Klub aus der Region Oberschlesien hat zum ersten Mal den Titel in der Ekstraklasa gewonnen und damit den großen Favoriten Legia Warschau enthront.

Die Stationen einer Achterbahnfahrt: Gleiwitz stieg 2008 nach 32 Jahren in der zweiten Liga erstmals in die höchste Spielklasse auf, um im nächsten Jahr gleich wieder abzusteigen. 2012 gelang das Comeback im Oberhaus. 2016 feierte Gleiwitz unter dem ehemaligen Schalker Kultkicker Radoslav Latal bereits einen Vizemeistertitel. In der darauffolgenden Saison konnten die Polen in der Quali zur Europa League die Hürde Göteborg nicht nehmen, es blieb bei einem kurzen Ausflug ins internationale Geschäft.

"Unsere Erfolgsgeschichte ähnelt der von Leicester City. Der Herbst war ein Kampf, nach der Winterpause haben wir 13 von 17 Spielen gewonnen", sagte der englische Verteidiger Tom Hateley. Im Sommer darf sich Gleiwitz in der Champions-League-Qualifikation versuchen.

Foto: imago/Pawel Jaskolka

Nordmazedonien: Shkendija Tetovo

Shkendija verteidigte seinen sensationellen Titelgewinn aus dem Vorjahr und ist somit zum dritten Mal nordmazedonischer Meister, ebenso oft wie Sileks Kratovo und der nicht mehr existierende FK Sloga Jugomagnat Skopje. Shkendija wurde 1979 mit der Intention, Albanern aus ganz Jugoslawien einen Zusammenschluss zu bieten (daher auch die Vereinsfarben Rot-Schwarz), gegründet, zwischenzeitlich verboten und erst nach Mazedoniens Unabhängigkeit wieder in die Liga integriert. Die geringe Anzahl an Legionären ist daher wohl nicht zufällig.

Gegen Salzburg verlor Shkendija im Herbst in der Champions-League-Qualifikation in der dritten Runde in einer Regenschlacht in Skopje 0:3. Auch für die Europa-League-Gruppenphase reichte es nicht. Nächster Anlauf im Sommer.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Luxemburg: F91 Düdelingen

Für den F91 Düdelingen ist der vierte Meistertitel in Folge und der 15. insgesamt womöglich der Anfang vom Ende einer Ära. Ob der Verein weiter erfolgreich sein kann, entscheidet nämlich Flavio Becca. Der Luxemburger Baulöwe und Mäzen will in Zukunft vermehrt Geld in Swift Hesperingen, Excelsior Virton und womöglich auch noch den 1. FC Kaiserslautern stecken.

In der Champions-League-Quali wird sich Düdelingen, auch als Diddeleng (Letzeburgisch) oder Dudelange (Französisch) bekannt, wieder versuchen. Denn seit ihrer Geburt aus einer Fusion von gleich drei Düdelinger Vereinen anno 1990 entwickelten sich die Rot-Gelben zügig zum Dominator des großherzoglichen Kicks. 15 Meisterschaften stehen mittlerweile zu Buche.

Panik herrscht nicht. Mit dem Drei-Millionen-Euro-Gewinn aus der historischen Europa-League-Saison und den Einnahmen aus der kommenden Europacup-Saison wird Düdelingen zumindest nächste Saison noch den Platzhirsch in Luxemburg geben. In Salzburg bleibt Düdelingen Symbol für die allergrößte Peinlichkeit der Vereinsgeschichte.

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Türkei: Galatasaray Istanbul

Galatasaray hat sich in der Türkei zum 22. Mal zum Meister gekürt. In einem Endspiel am vorletzten Spieltag gewann "Cimbom", das Team von Trainer-Legende Fatih Terim, gegen den zuvor punktgleichen Tabellenzweiten Basaksehir mit 2:1. Da Galatasaray drei Punkte Vorsprung und den direkten Vergleich gewonnen hat (Hinspiel 1:1), war den Gelb-Roten der Titel nicht mehr zu nehmen.

Sehr zur Freude vieler Fans in der Türkei. Die Tradition des größten Rivalen um den Titel, Basaksehir, ist nämlich überschaubar. Den Klub gibt es erst seit 1990. Dank der Unterstützung von Staatspräsident Tayyip Erdogan, der mit regierungsnahen Institutionen für finanzielle Unterstützung sorgt, ist Basaksehir im Aufwind. Das umstrittene Staatsoberhaupt war auch bei der Eröffnung des Stadions anwesend und trug ein Trikot mit der Nummer 12. Seitdem wird diese Nummer nicht mehr vergeben. Galatasaray sicherte sich mit dem Titel einen Fixplatz in der Champions League.

Foto: APA/AFP/BULENT KILIC

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Tschechien: Slavia Prag

Slavia Prag ist zum fünften Mal seit 1993 tschechischer Meister. Der Traditionsverein sicherte sich den Titel mit einem 0:0 gegen Banik Ostrava. Auf dem zweiten Platz steht nach dem vorletzten Spieltag mit drei Punkten Rückstand Titelverteidiger Viktoria Pilsen. Da bei Punktegleichheit der Tabellenstand nach der regulären Saison zählt und Slavia in dieser vorne gelegen war, ist dem Team der Titel in der Meisterrunde nicht mehr zu nehmen.

In dieser Saison wurde erstmals nach dem nun auch in der österreichischen Bundesliga geltenden Modus gespielt. Die sechs besten Teams des Grunddurchgangs bestreiten die Meisterrunde. Slavia war bereits 1996, 2008, 2009 und 2017 Meister geworden.

Foto: AP/Matt Dunham

Griechenland: Paok Saloniki

Nicht minder sensationell: Paok Saloniki sicherte sich den ersten Meistertitel seit 34 Jahren in der griechischen Super League, den dritten insgesamt. In der 93-jährigen Geschichte des Vereins war es der neunte nationale Titel (dreimal Meister, sechsmal Pokalsieger) für das Team von Trainer Razvan Lucescu und der erste für eine Mannschaft außerhalb Athens seit 31 Jahren (zuletzt AE Larisa 1987/88).

Besondere Genugtuung bringt der Titel den Saloniki-Anhängern auch, weil nach etlichen Skandalen in der Vorsaison Paok mit zwei Punkten Abzug in die Saison gestartet war. Die Antwort fiel sportlich aus: Sagenhafte 29 Saisonspiele blieb man ungeschlagen, 25 Siege, vier Remis.

In der zweitgrößten griechischen Stadt strömten nach dem Titelgewinn zehntausende Paok-Fans ins Stadtzentrum und jubelten mit Feuerwerk, Autokorsos und Hupkonzerten. Der griechischstämmige russische Unternehmer Ivan Savvidis steckte seit 2012 über 100 Millionen Euro in den Verein. Schlagzeilen machte Savvidis vor einem Jahr, als er mit einer Pistole am Gürtel das Spielfeld im Heimstadion Toumba stürmte, erbost über eine Schiedsrichterentscheidung. Den letzten Titel im Jahr 1985 verantwortete übrigens ein Österreicher auf der Trainerbank von Paok: Walter Skocik.

Foto: APA/AFP/-

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Zypern: Apoel Nikosia

Eine weitere unheimliche Serie: Apoel Nikosia ist durchgehend Meister seit 2012/13. Erst am Samstag machte Apoel auch die siebente Meisterschaft klar und übertrifft damit den historischen Erfolg von Omonia Nikosia, das zwischen 1974 und 1979 sechs Titel en suite gefeiert hatte. Für Apoel ist es außerdem die 28. Meisterschaft insgesamt.

Der Fußball auf der Mittelmeerinsel ist so zerrissen, wie die Insel, politisch, völkerrechtlich, gesellschaftlich, kulturell. Die 270.000-Einwohner-Stadt Nikosia ist seit 1974, seit der Besetzung des Nordens durch die Türkei, geteilt. Verfeindet sind auch die Apoel- und Omonia-Fans. Omonia war viele Jahre der erfolgreichere Verein, in den Siebziger- und Achtzigerjahren sammelte der Klub Meistertitel wie andere Briefmarken. Mittlerweile haben sich die Machtverhältnisse gedreht. Omonia hat sich finanziell überhoben, musste vor Jahren sogar die Fans mit einer Spendenaktion um Geld bitten, um den Konkurs abzuwenden.

Apoel ist der neue Platzhirsch, in den vergangenen fünf Jahren hat er die Liga für sich entschieden, hat in der Champions League gespielt und dort so viel Geld verdient, dass man mittlerweile praktisch schuldenfrei ist. 2012 war das große Jahr von Apoel mit dem Einzug ins CL-Viertelfinale. Seitdem wurden fast ein Dutzend Trainer verbraucht. Die Quali für die Europa League gelang zuletzt nicht.

Foto: Reuters/HANNAH MCKAY

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Ukraine: Schachtar Donezk

Schachtar Donezk dominiert weiter den ukrainischen Fußball. Die Mannschaft von Trainer Paulo Fonseca sicherte sich den zwölften nationalen Meistertitel und damit das Double. Die Stadt Donezk hat Fonseca aber noch nie betreten. Seit Ausbruch des Krieges in der Ostukraine im Frühjahr 2014 ist die Heimat von Schachtar eine Hochburg der von Russland unterstützten Separatisten. Das Stadion, die Donbass-Arena, wurde mehrfach von Explosionen erschüttert und schwer in Mitleidenschaft gezogen. Fußball kann dort wohl noch länger nicht gespielt werden.

Die Realität ist ernüchternd: Der Verein des milliardenschweren Oligarchen Rinat Achmetow ist auf der Flucht. Trainiert wird in Kiew, gespielt seit 2017 in Charkiw. Vorher war Schachtar zweieinhalb Jahre im Exil in Lwiw. Sportlich läuft es in Anbetracht der widrigen Umstände gar nicht so schlecht: Den Cupbewerb hat man bereits zum 13. Mal gewonnen. Hauptrivale Dynamo Kiew wurde in der Meisterschaft klar in die Schranken gewiesen. Damit ist Schachtar fix für die Champions League qualifiziert, Rekordmeister und Titelverteidiger Dynamo muss als Zweiter in die Qualifikation. In der Europa League scheiterte Schachtar im Sechzehntelfinale an Adi Hütters Frankfurtern.

Foto: AP/Efrem Lukatsky

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Kroatien: Dinamo Zagreb

Kroatiens Rekordmeister kann auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken. Vorzeitig sicherte man sich den 20. Meistertitel. Der Österreicher Emir Dilaver kam im Lauf der Saison auf 17 Einsätze in der Meisterschaft und acht in der Europa League. Es war eine Machtdemonstration in der Meisterschaft: Zagreb sicherte sich den Titel mit mehr als 20 Punkten Vorsprung auf den zweitplatzierten HNK Rijeka, wo Alexander Gorgon und Mario Pavelic kicken.

Trainer der Mannschaft aus der kroatischen Hauptstadt ist Ex-Austria-Coach Nenad Bjelica, der seit Mai 2018 im Amt ist und bislang einen beachtlichen Punkteschnitt von 2,45 vorweisen kann. Für Dinamo war es der 13. Meistertitel in den vergangenen 14 Saisonen. Nur in der Saison 2016/17 musste man sich Rijeka geschlagen geben. In der Europa League scheiterten die Kroaten im Achtelfinale an Benfica Lissabon.

Foto: Reuters/RAFAEL MARCHANTE

Portugal: Benfica Lissabon

Auch in der Saison 2018/19 heißt der Sieger in Portugals Primeira Liga Benfica Lissabon. Die "Aguias" holten den Meister-Titel nach einem Jahr Unterbrechung zum fünften Mal in den letzten sechs Jahren in die Haupstadt zurück. Porto konnte die Serie im Vorjahr unterbrechen, mussten sich diesmal aber knapp mit zwei Punkten Rückstand geschlagen geben. Benfica krönt damit ein starkes Frühjahr. In 20 Meisterschaftsspielen gab es 18 Siege, ein Remis und nur eine Niederlage.

Benfica ist mit 235.000 Mitgliedern nach den Bayern (250.000) der zweitgrößte Sportverein der Welt mit vielen Sektionen. Im Fußball ist Benfica Portugals Rekordmeister. Die ganz großen Zeiten liegen aber lange zurück. In den Sechzigerjahren dominierte die Mannschaft mit Superstar Eusebio im Europapokal. 1961 und 1962 gewann die Elf den Europapokal der Landesmeister.

Das wars dann aber auch. Die Abergläubischen unter den Benfica-Fans führen die anhaltende Erfolglosigkeit auf den Guttmann-Fluch zurück. Als der damalige ungarische Erfolgscoach Béla Guttmann 1962 im Zorn von Benfica schied, soll er gesagt haben: "In den nächsten 100 Jahren wird Benfica nie wieder einen Europacup gewinnen." Seitdem erreichte das Team achtmal ein Finale in einem Europacup-Bewerb – und ging acht Mal als Verlierer vom Rasen. (Florian Vetter, 24.5.2019)

Foto: APA/AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA