Für Ärger bei der FPÖ sorgte eine Rede von SP-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Auch der EU-Wahlkampf – ein Archivbild FPÖ-Kandidat Harald Vilimsky – spielte eine gewichtige Rolle.

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Wien – Die Debatte zur Russland-"Dringlichen" der Neos hat sich am Donnerstag großteils in gegenseitigen Fake-News- und Extremismus-Vorwürfen der Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ auf der einen und der SPÖ auf der anderen Seite verloren. Lügen-Bezichtigungen gingen hin und her, Ordnungsrufe waren die Folge.

Den Anfang machte SPÖ-Vize-Klubchef Jörg Leichtfried. "Jemand der einen Aprilscherz der 'Presse' entweder missversteht oder verwendet, um mit Wiener Schnitzeln Europapolitik zu betreiben, der sollte beim Thema Desinformation wohl eher ruhig sein, Herr Bundeskanzler", sagte er in Richtung Kurz zu dessen Wortmeldung im EU-Wahlkampf.

Kurz: "Reale Gefahren" und Wahlkampf

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nutzte seine Antwort auf eine dringliche Anfrage der Neos für eine ausführliche Wahlkampfrede, in der er seinen Vorschlag für einen neuen EU-Vertrag erläuterte und die SPÖ mahnte, nicht wieder auf Dirty Campaigning zu setzen.

Das eigentliche Thema der Anfrage – "Verstrickungen der Bundesregierung mit der Kreml-Partei und mangelhafte Vorbereitung auf mögliche Desinformationskampagnen oder Cyberanschläge gefährden die Sicherheit Österreichs" – streifte Kurz freilich auch. Er gab den Neos recht, dass es bezüglich der Beeinflussung von Wahlen durch Supermächte reale Gefahren gebe. Bedrohungen sollte man ernst nehmen, man habe auch entsprechend vorgesorgt. Allerdings gebe es in Österreich bisher keine Informationen, dass versucht worden wäre, die anstehende EU-Wahl von außen zu beeinflussen.

"Vor Putin in den Knien"

SP-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda warnte im Zusammenhang mit "Fake News" mit einen Hannah Arendt-Zitat vor jenen, denen es darum gehe, die Wahrheit zu diskreditieren und schaffte dann auch noch einen Seitenhieb auf Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), die "vor Putin auf die Knie geht". Als Draufgabe zitierte er ausgiebig aus der jüngsten Rede des Autors Daniel Kehlmann, in der dieser scharfe Kritik an Kurz und dessen Koalition mit der FPÖ und einem "ehemaligen Neonazi als Vizekanzler" geübt hatte.

Obwohl nur ein Zitat, war Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) der "Neonazi" einen Ordnungsruf für Drozda wert – es blieb nicht der einzige in dieser Debatte. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer konterte die Vorwürfe mit dem Verweis auf "SPÖ-Propaganda" im "kontrast"-Blog, "die verunsichert und Angst macht". Auch auf Tal Silberstein, antisemitische und rassistische Facebook-Seiten und einen dabei involvierten und noch immer aktiven SPÖ-Mitarbeiter verwies er.

"Schändliche" Vorwürfe gegen Strache

Den "Neonazi"-Vorwurf gegen seinen Parteichef ließ FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz nicht auf sich sitzen. Dieser sei "schändlich", Strache sei niemals "wegen Widerbetätigung oder sonst noch was" verurteilt worden. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker übernahm dann die weiteren Angriffe auf die SPÖ – und zählte Alfred Gusenbauers Bodenkuss in Moskau und Heinz Fischers Besuche in Kuba und Nordkorea auf.

Den Neos empfahl Hafenecker mit Blick auf deren Russland-Kritik das Aufsetzen eines Alu-Nudelsiebs und das Abmelden vom Internet. Im Übrigen würden die Neos vom Bauindustriellen Hans-Peter Haselsteiner finanziert, der "halb Sotschi gebaut" habe – man könne also die Frage stellen, ob hier "Russen-Blutgeld" im Spiel sei, höhnte er.

Die Neos reagierten mit Kopfschütteln, Abgeordnete Stephanie Krisper warf der FPÖ "unfassbaren Whataboutism" zur Ablenkung vom tatsächlichen Thema vor. Unterstützung bekam sie von Alma Zadic (JETZT). Russland wolle Europa mit "Fake News" schwächen, Europa finde kein Mittel dagegen, warnte diese. (APA, red, 16.5.2019)