Pilnacek: "Die WKStA und ich haben unterschiedliche Rechtsansichten."

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Sie werden gerade abmontiert?

Pilnacek: Das denke ich nicht. Der Justizminister hat mir das Vertrauen ausgesprochen und eine professionelle Mediation vorgeschlagen, damit man die Diskussion mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wieder auf eine sachliche Ebene bringt. Wir wollen für den Konflikt, der dieser Angelegenheit zugrunde liegt, Lösungswege erarbeiten.

STANDARD: Die Leiterin der WKStA hat Justizminister Josef Moser einen "Informationsbericht" geschickt, samt Protokoll einer Dienstbesprechung zur Causa Eurofighter am 1. April. Da ist es harsch zugegangen, die Situation scheint eskaliert zu sein. Es wird der Verdacht des Amtsmissbrauchs gegen Sie in den Raum gestellt, aus Ihnen zugeordneten Zitaten ließe sich ableiten, dass Sie eine Weisung in Richtung Einstellung der Eurofighter-Causa oder einzelner Stränge davon ausgesprochen hätten. Haben Sie eine Weisung erteilt?

Pilnacek: Nein. Es gab Diskussionen, aber fern einer Weisung. Es ist in dieser Sache überhaupt keine Entscheidung angestanden, wir sind da weit entfernt von einer Entscheidung, die ich beeinflussen könnte. In der Sitzung ging es im Wesentlichen darum, dass die WKStA über den Stand des Verfahrens beziehungsweise ihre Verfahrensstrategie berichten wollte und über die personelle Ausstattung. Die Vertreter der WKStA stellten dann dar, dass die bisherige Strategie der Staatsanwaltschaft Wien falsch gewesen sei, ebenso die rechtliche Würdigung der Geschehnisse. Und diese Darstellung konnte ich nicht glauben, und sie widerspricht auch meiner Wahrnehmung. Es gibt sehr wohl Ermittlungsergebnisse, auf denen die WKStA aufsetzen kann. Es stimmt nicht, dass man sagen kann: Es war alles in den vergangenen sieben Jahren schlecht und jetzt müssen wir das Pferd völlig neu aufzäumen. Ich bin der Meinung, dass es in der Causa Eurofighter Anklagbares gibt; die Geldflüsse zum Beispiel sind im Wesentlichen nachvollzogen.

STANDARD: Laut Protokoll haben Sie davon gesprochen, das Verfahren zu "erschlagen", das Verfahren sei desaströs. Stimmt das so?

Pilnacek: Ich habe gesagt, wenn, wie die WKStA ausgeführt hat, gegenüber Personen, gegen die bisher nicht ermittelt wurde, Verjährung eingetreten sei, dann ist das eben verjährt. Und desaströs wäre es, wenn es stimmt, dass die bisherigen Ermittlungen völlig unbrauchbar sind – und in diesem Fall wären wir auch von den Berichten der bisher tätigen Staatsanwälte getäuscht worden. Und was die Stimmung in der Besprechung betrifft: Ja, ich war gesteigert ungehalten. Ich fand es extrem unfair, dass die WKStA den beiden jungen Staatsanwältinnen, die an der Causa mitarbeiten, vor 14 Leuten de facto attestiert, sie seien mehr oder weniger unfähig. Die sind topausgebildet und gut. Die Staatsanwaltschaft Wien hat in der Causa mit zwei Staatsanwälten ermittelt, die WKStA hat dafür jetzt zwei Gruppenleiter und drei Staatsanwälte zur Verfügung.

STANDARD: Ein Teilnehmer in der Sitzung sprach davon, dass man unter Umständen öffentlich ein "Totalversagen" in der Causa eingestehen müsse. Wie war das gemeint?

Pilnacek: Ein Totalversagen wäre es, wenn sieben Jahre lang für die Luft ermittelt worden wäre. Ich sehe das aber nicht.

STANDARD: Was haben Sie denn in der Dienstbesprechung von der WKStA erwartet?

Pilnacek: Sie hätte den Stand der Dinge erläutern sollen und wie die Sachverhalte rechtlich zu beurteilen sind. Und wenn sie zum Ergebnis gekommen wäre, dass noch gegen andere Personen ermittelt werden solle, dann wären eben noch andere Personen zu erfassen.

STANDARD: Wie viele Weisungen gab es in der Causa bislang?

Pilnacek: Eine. Da ging es rund um die Betrugsanzeige um die Frage der Ausfolgung beziehungsweise Nichtausfolgung von Aktenteilen ans Verteidigungsministerium.

STANDARD: Die Staatsanwaltschaft Linz prüft jetzt, ob Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet werden beziehungsweise ob es einen Anfangsverdacht gibt. Dass Staatsanwälte dem Weisungsbefugten und höchsten Beamten im Justizministerium Amtsmissbrauch vorwerfen oder Ähnliches, das gab es noch nie.

Pilnacek: Es ist ein seltener Fall. Die Art und Weise, wie da vorgegangen wird, ist schon außergewöhnlich. Die WKStA und ich haben unterschiedliche Rechtsansichten. Aus unterschiedlichen Rechtsansichten kann ich keinen Amtsmissbrauch ableiten. (Renate Graber, 16.5.2019)