Wer jung bleiben will, muss früh damit anfangen", behauptet eine österreichische Mineralwassermarke. Womit anzufangen sei, bleibt aber im öffentlichen Diskurs meist ebenso vage, wie eine Einengung des Begriffs "Alter" – zu Recht, wie Franz Kolland, Soziologe und Gerontologe der Universität Wien, erklärt. Das Alter als eigene Lebensphase sei schließlich erst im 19. Jahrhundert über die Einführung der Pensionsversicherungen geschaffen worden und umfasse keine einheitliche Gruppe von Menschen. Er diskutierte als einer von vier Experten im Science Talk des Wissenschaftsministeriums die Gestaltung der Lebensphase "Alter". Einer Begriffsdefinition verwehrt er sich: "Alter ist heterogen" und verändere sich historisch.

Katharina Pils von der Krankenanstalt Rudolfstiftung verweist in diesem Zusammenhang auch auf das früher dreiteilige Phasenmodell des Lebens. Hinter Ausbildung und Berufstätigkeit steht heute die Phase, in der Menschen eine Pension beziehen, aber ihrer vorherigen oder einer anderen Tätigkeit ehrenamtlich nachgehen und weiterhin aktiv sind. Erst nach dieser "Freitätigkeit" folgt der vierte Lebensabschnitt der Gebrechlichkeit, in der Menschen Unterstützung benötigen. Man versucht, diese von Krankheit geprägte Phase kurz zu halten und davor möglichst lange selbstbestimmt leben zu können.

Auch Ulla Kriebernegg wünscht sich eine Abkehr vom negativen Beiklang des Alters. "Wir verbauen uns Möglichkeiten, unser Alter positiv und gestaltbar zu sehen", sagt die Amerikanistin und Altersforscherin der Universität Graz. Sie zieht den Begriff "comfortable ageing" einem oft kompetitiv gedachten "active" oder "successful ageing" vor und will die Bilder im Kopf verändern, die einem gewissen Lebensalter zugeschrieben werden.

Dagegen sieht Christoph Gisinger von der Donau-Universität Krems Arbeit auch in späteren Lebensabschnitten als sinnstiftenden Faktor. Im Hinblick auf das Lernen und Arbeiten, auch an sich selbst, "sollte sich das Alter nicht von anderen Lebensphasen unterscheiden". Anerkennung und das Gefühl, gebraucht zu werden, spielen auch für Kolland eine wesentliche Rolle für ältere Menschen in der Gegenwartsgesellschaft. Abgesehen von den politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Pensionsalters und der Altersarbeitslosigkeit sehen die Experten auch städteplanerische Aspekte in der Pflicht. Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln ermöglicht zudem nicht nur älteren Menschen ein einfacheres Teilhaben an der Gesellschaft. Dabei unterscheidet sich laut Kriebernegg ein Rollator nicht so sehr vom Kinderwagen. Gisinger ergänzt, dass auch ganz praktische Probleme wie ausreichende und barrierefreie WCs häufig unbeachtet bleiben.

So könnten ältere Menschen selbst und eine Gesellschaft als Ganzes von der Erfahrung und Gelassenheit des Alters profitieren. Pils zitiert dazu einen Rat ihrer eigenen Schwester: "Wenn du nicht mehr schöner werden kannst, dann musst du gütiger werden." (pkm, 17.5.2019)