Archaeopteryx war nicht der einzige flugfähige Urvogel im späten Jura, wie dieser erhalten gebliebene Flügel von Alcmonavis poeschli zeigt.
Foto: O. Rauhut, SNSB/LMU

München – Am Status des legendären Archaeopteryx als dem Urvogel wird schon länger gekratzt. Zwischenzeitlich war sogar bezweifelt worden, ob er überhaupt aktiv fliegen konnte oder sich vielleicht doch aufs Gleiten beschränken musste. In diesem Punkt immerhin wurde er durch eine Studie aus dem Jahr 2018 rehabilitiert: Nach computertomographischen Untersuchungen wurde ihm attestiert, dass er mit den Flügeln flatternd abheben konnte. Dass er tatsächlich der Urahn aller Vögel war, wird allerdings weiterhin bezweifelt.

Nun berichten die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns von einem Fossil, das diese Zweifel weiter nährt. Es stammt von einem Tier, das wie der Archaeopteryx bereits im Jura lebte – zudem in derselben Region wie sein berühmter Cousin: dem süddeutschen Altmühltal, das vor 150 Millionen Jahren in einem Archipel von Inseln und Riffen lag. Und dieses Tier dürfte ein besserer Flieger als der Archaeopteryx gewesen sein.

"Höher entwickelter Vogel"

Von dem Tier wurde zwar nur ein Flügel entdeckt, doch der erwies sich als aufschlussreich. "Wir hatten erst angenommen, dass auch dieses Exemplar ein Archaeopteryx ist, und haben es uns bei der Untersuchung nicht leicht gemacht. Es sind Ähnlichkeiten da, aber seine fossilen Reste lassen vermuten, dass es sich um einen etwas höher entwickelten Vogel handelt", berichtet Oliver Rauhut, Paläontologe an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie.

Sein Team stellte das Tier nun im Fachmagazin "eLife" vor. Es erhielt die Bezeichnung Alcmonavis poeschli, nach dem keltischen Namen der Altmühl, Alcmona, und seinem Entdecker Roland Pöschl, der die Ausgrabungen im Steinbruch am Schaudiberg bei Mörnsheim leitet. In denselben Plattenkalkablagerungen wurde auch ein weiteres Fossil eines Archaeopteryx entdeckt – die beiden urzeitlichen Flieger lebten offenbar nebeneinander. "Das weist darauf hin, dass die Diversität der Vogelwelt im oberen Jura größer war als bislang bekannt", sagt Rauhut.

Das Fliegen wurde schnell erlernt

Laut den Forschern war Alcmonavis nicht nur etwas größer als Archaeopteryx, er konnte offenbar auch besser fliegen: "Muskelansatzstellen am Flügel deuten auf ein verbessertes Flugvermögen hin", sagt Rauhut. Alcmonavis poeschli weise mehrere Merkmale auf, die Archaeopteryx nicht hat, stammesgeschichtlich jüngere Vögel aber schon. Diese deuten auf eine bessere Anpassung an den aktiven Flatterflug hin.

Damit bringt Alcmonavis poeschli neuen Schwung in die Debatte, ob der Vogelflug über den Gleitflug entstanden ist. Rauhuts Kollege Christian Foth von der Schweizer Université de Fribourg ergänzt: "Seine Anpassungen zeigen, dass die Evolution des Fluges relativ schnell vorangeschritten sein muss." (red, 17. 5. 2019)