Vorerst noch eine Visualisierung, am Sonntag sollen Yvonne Lee Schultz' Flaggen mit aufgedrucktem Himmel aber wirklich in Straßburg wehen.

Foto: Yvonne Lee Schultz

"One Sky Flags" vor dem EU-Parlament in Straßburg (Visualisierung).

Foto: Yvonne Lee Schultz

Zum Weltpressefreiheitstag 1996 wehte eine Himmelsflagge in Köln.

Foto: Yvonne Lee Schultz

"Der Himmel und die Wolken fungieren als Symbol für eine Gemeinschaft aller Menschen auf der Welt. Denn man muss Probleme grenzüberschreitend angehen und lösen", sagt Yvonne Lee Schultz. Die Künstlerin hisst am Sonntag vor dem EU-Parlament in Straßburg 28 Flaggen, die den Himmel zeigen.

Für ein paar Stunden ersetzen sie die Nationalflaggen der EU-Mitgliedstaaten. "One Sky Flags" heißt das Projekt. Schultz fragt, indem sie mit diesen Nationalsymbolen spielt, nach der Bedeutung von kulturellem Hintergrund und von territorialen Grenzen für unsere Identität und danach, was eine Nation und die Bewohner eines Staates ausmacht. Die Künstlerin selbst wurde 1966 in den USA geboren, lebt aber seit langem in Berlin.

Viele Hindernisse

Mit Himmelsflaggen arbeitet Schultz seit den 1990ern. Die Idee zu dem Projekt in Straßburg hatte sie schon vor mehr als zehn Jahren. Die Sache mit dem Europäischen Parlament stellte sich aber als schwierig heraus. 2008 hat Schultz zum ersten Mal dort angefragt und ihre Idee vorgestellt. 2012 schrieb sie Briefe an EU-Parlamentsmitglieder. Die blieben unbeantwortet. Vor zwei Jahren wurde die Idee schließlich von einem Parlamentsmitglied wieder aufgegriffen, und Parlamentspräsident Antonio Tajani begeisterte sich dafür.

Update: Yvonne Lee Schultz' Himmelsflaggen am Sonntag, 19.5.2019, vor dem EU-Parlament in Straßburg.
Foto: Corinne Hameau

Eine Aufstellung auf einer Wiese vor dem Parlament klappte aus organisatorischen Gründen nicht. So erst kam die Idee auf, die offiziellen Flaggen der EU-Mitgliedsländer vor dem Bau mit den Himmelsflaggen zu ersetzen. Die Nationalfahnen vor dem Europäischen Parlament werden eigentlich nie abgenommen, es ist also eine absolute Ausnahme.

Wie groß die "Empfindlichkeit im Umgang mit den Nationalfahnen" ist, sagt Schultz, zeigen die Schwierigkeiten der Umsetzung auch in den letzten Wochen. Erst vor sechs Wochen hat Schultz nämlich erfahren, dass das Projekt tatsächlich zustande kommt. Kurz darauf schien alles wieder auf der Kippe. Erst seit einer Woche ist es fixiert.

Angst vor Müll, Autos und Krieg

Das Fotomaterial für die Flaggen stammt von Kindern aus den 28 EU-Ländern. Über Freunde, Schulen und Botschaften nahm Schultz Kontakt zu ihnen auf. Antworten kamen reichlich. Neben der Bitte um ein Foto des Himmels hat Schultz den Kindern auch Fragebögen übermittelt. Wissen wollte sie ganz Praktisches wie "Was isst du am liebsten?", aber auch, was die Kinder im Alter von neun bis 14 Jahren beunruhigt oder was sie an dem Ort, an dem sie leben, schön finden. "Die Antworten waren unterhaltsam, überraschend, aber auch nachdenklich", sagt die Künstlerin. Müll, stinkende Autos und Krieg besorgen viele Kinder. Man sollte überall den Müll beseitigen und mehr Spielplätze bauen, fasst Schultz zusammen.

Update: Yvonne Lee Schultz' Himmelsflaggen am Sonntag, 19.5.2019, vor dem EU-Parlament in Straßburg.
Foto: Corinne Hameau

Wehen werden die Flaggen am Sonntag um 15 Uhr. Das Projekt dauert allerdings nur zwei Stunden lang. Schultz hat ihre Himmelsflaggen schon zu anderen Anlässen in deutschen Städten gezeigt. Sie würde sie demnächst gerne auch vor dem Uno-Hauptquartier in New York wehen lassen oder in Berlin anlässlich von 30 Jahren der deutschen Wiedervereinigung. (wurm, 17.5.2019)