Es war allzu verlockend, dieses unmoralische Angebot: der Wink mit der "Krone" weckte Straches Leichtsinn.

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Es ist der Moment gekommen, an dem man lieber im Inneren weiterspricht: wer weiß, wer draußen mithört. Jetzt geht es nämlich ums Eingemachte. Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus, die Chefs der Regierungspartei in spe namens FPÖ, wittern kurz vor der Nationalratswahl 2017 die Chance auf den entscheidenden Turbo fürs Wahlkampffinale: Die vermeintliche russische Oligarchennichte im Ibiza-Video behauptet, sich in die "Kronen Zeitung" einkaufen zu können. Und Strache deutet an, sich mit Bauaufträgen bedanken zu können, sollte ihr dieser Deal gelingen.

Aus den bisher veröffentlichten Videosequenzen geht eines klar hervor: Die vermeintliche Übernahme der "Krone" ist der Köder, bei dem Strache anbeißt. Man sei jetzt endlich beim "Hauptthema" angelangt, hört man Gudenus sagen, als die "Krone" aufs Tapet kommt. Nichts scheint ihn so sehr zu reizen wie die Aussicht auf einen direkten Zugriff auf das reichweitenstärkste Printmedium Österreichs. Der Coup wäre ein entscheidender Schritt, um in Österreichs Medienlandschaft dasselbe zu tun wie in Ungarn der dortige Regierungschef Viktor Orbán: Alle Medien des Landes aufzukaufen, um kritischer Berichterstattung den Garaus zu machen.

Offene Fragen

Das Video wirft einige Fragen auf. Strache scheint bereits im Juli 2017 Informationen darüber zu haben, dass Immobilieninvestor René Benko bei der "Krone" einsteigen will – was im Herbst 2018 ja dann geschah. Benko, den Strache offenbar kurz vor dem Treffen mit der vermeintlichen Oligarchennichte auf dessen Yacht besucht haben soll, pflegt wiederum beste Beziehungen zu Sebastian Kurz. Der Kanzler nahm ihn auf Wirtschaftsdelegationen in den Nahen Osten mit und ermöglichte, dass Benko den Kika/Leiner-Flagshipstore auf der Wiener Mariahilferstraße zu einem günstigen Preis kaufen konnte.

Benko wurde in der Vergangenheit immer wieder als Wahlkampffinancier von Sebastian Kurz bezeichnet. Beide Seiten weisen das zurück. Auch Strache spricht in dem Video jedoch davon, dass Benko "die ÖVP und uns zahlt". Diese Äußerung wirft erneut die Frage auf, wie die Kurz-ÖVP zu ihrem üppigen Wahlkampfbudget kam – wie berichtet, wurde die erlaubte Obergrenze von sieben Millionen Euro um rund sechs Millionen Euro überschritten.

Strache erwähnt auch den Investor Heinrich Pecina, der in Ungarn bereits im Auftrag Orbans umfangreiche Medien-Deals finanziert hat, um zuvor unabhängige Pressehäuser unter die Kontrolle der Regierung zu bringen. Pecina, so Strache, käme ebenfalls als "Krone"-Investor in Frage, da er bereits Interesse am Kauf von Gesellschafteranteilen bekundet habe und zudem ein guter Freund der FPÖ sei.

Journalisten ersetzen

Der damalige Oppositionsparteichef erklärt im Video ganz unverblümt seine Absicht, unliebsame Krone-Journalisten loszuwerden und durch FPÖ-freundliche Kandidaten zu ersetzen. Nun kam es kurz vor der Übernahme der Funke-Anteile an "Krone" und "Kurier" durch René Benko im Herbst 2018 zu zwei Rochaden in beiden Medienhäusern, die in diese Richtung gehen: Bei der "Krone" war es der oft kritische Innenpolitik-Kommentator Claus Pándi, der zur Salzburg-"Krone" wechselte, beim "Kurier" wurde Chefredakteur Helmut Brandstetter durch die konservativere Martina Salomon ersetzt. Pándi zeigte sich am Freitag auf Twitter jedenfalls erfreut über die Enthüllungen von SZ und Spiegel:

Wie realistisch sind Straches Hoffnungen, mithilfe einer FPÖ-freundlichen Krone-Berichterstattung ein Wahlergebnis von 34 Prozent – statt 27 Prozent – zu schaffen? "Damit überschätzt Strache den Einfluss der Krone", sagt Medienwissenschafter Fritz Hausjell zum STANDARD. Das Interesse des nunmehrigen Ex-FPÖ-Chefs an einer weitreichenderen Kontrolle über die "Krone" entspreche Straches Streben nach "dem Prinzip der Orbanisierung".

Schließlich sei die "Krone" in Österreich immer noch ein gewisser Unsicherheitsfaktor für die jeweils regierenden Parteien: "Wenn die Krone in der Vergangenheit Kampagnen gemacht hat, dann wurden dabei oft sehr unterschiedliche Politiker gepusht" – etwa Oppositionskandidaten wie Hans Peter Martin. Das sei "ein großer Unsicherheitsfaktor, den man ausschalten will".

Die Krone als Macht- und Risikofaktor – dieses Problem bleibt auch Kanzler Kurz nicht erspart. Dessen Vertrauter René Benko setzte jedenfalls in der jüngsten Vergangenheit alles daran, in dem Medienhaus an Einfluss zu gewinnen. (Maria Sterkl, 18.5.2019)