Die feierlich-ausgelassene Stimmung, die man auf dem Loibacher Feld in den vergangenen Jahren beobachten konnte, wollte sich an diesem Samstag nicht einstellen. Während die bunt gemischte Prozession vom Friedhof in Loibach zum Veranstaltungsgelände zog, hörte man mehrmals polizeiliche Durchsagen in kroatischer Sprache über den geänderten Charakter der Manifestation, die keine kirchliche Veranstaltung mehr ist, sondern unter das Versammlungsgesetz fällt. Die Teilnehmer wurden auch mehrmals über Lautsprecher über das geänderten Abzeichengesetz aufgeklärt. Demütigend sei das, hörte man einige Teilnehmer raunen.

Dei Polizei spricht von rund 10.000 Teilnehmern.
Foto: Christian Fischer

Im Vorfeld der umstrittenen Gedenkveranstaltung berichteten die kroatischen Medien über das Verbot der Ustascha-Abzeichen und über die Strafen von 4.000 Euro im Fall eines Verstoßes. In der Vergangenheit wurden in Bleiburg offen die Symbole der faschistischen Ustascha und des NDH-Staates getragen. Heuer war das große U mit einem Kreuz in der Mitte oder der Ustascha-Gruß "Za dom spremni" nur vereinzelt zu sehen, meistens gut getarnt.

Das gut getarnte Ustascha-U. "Lika U srcu" (Lika im Herzen) steht auf der Kappe.

Borislav Barišić, der Präsident der Paramilitär-Einheiten aus dem Kroatien-Krieg von 1992 bis 1995 (HOS), sagte in einem Gespräch mit der kroatischen Tageszeitung "Večernji List", HOS wolle sich heuer "natürlich an die österreichischen Gesetze halten". Der Ustascha-Gruß "Za dom spremni" gehöre zwar zu den offiziellen Emblemen der Paramilitär-Einheiten aus den 1990er-Jahren, aber nach Bleiburg wolle man sie wegen der horrenden Strafen nicht mitnehmen.

"Es war ein Arbeitslager"

Neben HOS nahm auch eine Delegation des Vereins der Freiwilligen des Kroatienkriegs (UHDDR) an der Veranstaltung teil. Einer ihrer Sprecher, Nikica Maravić, war in Bleiburg sichtlich erbost über das geänderte Abzeichengesetz. "Ich habe hier auch schon den roten Stern gesehen. Das sind die wahren Verbrecher, sie haben uns Kroaten systematisch ermordet und unterdrückt."

Nikica Maravić mit einer Delegation der Freiwilligen des Kroatienkriegs von 1991 bis 1995: "Das waren Arbeitslager."

Auf die Frage einer kroatischen Journalistin, ob er wisse, dass die Ustascha-Soldaten, derer er hier gedenke, Konzentrationslager betrieben haben, erwiderte Maravić: "Ach was, das waren Arbeitslager, da haben die Leute sogar ein Handwerk erlernt. Und wenn sie gestorben sind, dann an Diphtherie, es war eben Krieg. Im Krieg herrschen andere Regeln." Wisse denn Maravić, wie viele Tausend Serben und Juden im kroatischen Konzentrationslager Jasenovac umgebracht wurden, fragte die Journalistin nach. "Malo", also "wenige", erwiderte Maravić knapp und zog mit seinem Trupp weiter.

Teilnehmer der Prozession gedenken Vilim Ceceljas. Er war Beichtvater des Ustascha-Diktators Ante Pavelić.

Der zentrale Punkt der Veranstaltung war auch heuer die Messe, die unter der Leitung von Fabijan Svalina, dem Leiter der kroatischen Caritas, stattfand. Als "Pilger" bezeichnet Svalina die Teilnehmer der Veranstaltung – und die hier 1945 zu Tode gekommenen Soldaten und Zivilisten als "Märtyrer".

Auch heuer nahmen an der Messe hohe kroatische Regierungsvertreter teil: Verwaltungsminister Lovro Kušćević, Kriegsveteranenminister Tomo Medved, die EU-Abgeordnete Ruža Tomašić (Kroatische Konservative Partei), Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović schickte ihre Stabschefin Ana Marija Kirinić.

Das offizielle kroatische Schachbrett-Wappen beginnt mit einem roten Feld. Von 1941 bis 1945 verwendeten die Ustascha im faschistischen NDH-Staat (Nezavisna drzava Hrvatska) die Variante mit dem weißen Feld.
Foto: Christian Fischer

"Haben hier nichts zu suchen"

Im Vorfeld der Bleiburger Messe gab es auch kleinere Gegendemonstrationen. Aus Kroatien reiste einige Angehörige der linken Partei Radnička Fronta (Arbeiterfront) an. Ihre Spitzenkandidatin bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl, Katarina Peović, sagte, die "jährliche Versammlung der Ewiggestrigen in Bleiburg" schade nicht nur Kroatien, sondern Europa. Hier werde Geschichtsrevisionismus mitten in der EU betrieben und toleriert. Viele Teilnehmer seien "von der Politik immer wieder aufgehusste ökonomische Verlierer".

Der ehemalige Grünen-Abgeordnete Karl Öllinger setzt sich seit Jahren für ein Verbot des Bleiburger-Treffens ein.

Eine weitere Gruppe von Gegendemonstranten war aus Wien angereist. Unter ihnen auch der ehemalige Grünen-Abgeordnete Karl Öllinger. Er demonstriere hier auch gegen jene, die glauben, "das System das Nationalsozialismus oder des kroatischen Faschismus habe auch sein Gutes gehabt", sagte Öllinger. Er fordert, dass das Treffen auf dem Loibacher Feld verboten wird. "Ein faschistischer Aufmarsch hat in einem demokratischen Staat nichts zu suchen", so Öllinger.

Plaketten auf einem Grabstein am Friedhof in Loibach mit dem Emblem des faschistischen Ustascha-Staates NDH.
Foto: Christian Fischer

Auch Peter Pilz (Liste Jetzt) wollte sich auf dem Loibacher Feld persönlich ansehen, "wie das ausschaut, wenn eine Bezirkshauptmannschaft mit dem Segen eines freiheitlichen Innenministers eine gesetzwidrige Versammlung genehmigt". Im Vorfeld hatte es zahlreiche Stimmen gegeben, die ein Verbot der Veranstaltung gefordert hatten, die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt entschied sich trotzdem dafür, kein Verbot auszusprechen. Die Behörde setzte sich dabei über ein Rechtsgutachten hinweg, das sie selbst in Auftrag gegeben hatte, deckte Pilz vor wenigen Tagen auf.

Foto: Christian Fischer

Die Videoüberwachung in Loibach und auf dem Loibacher Feld war heuer flächendeckend, rund 450 Beamte und zwei Hubschrauber waren im Einsatz. Heuer wurde von der Polizei nur ein Hitlergruß gegen Ende der Veranstaltung beobachtet. Ein weiterer Vorfall ereignete sich ebenfalls am frühen Nachmittag. Ein Redakteur der "Frankfurter Rundschau" wurde von dem Rechtsextremisten und TV-Moderator Velimir Bujanec "bespuckt, woraufhin zahlreiche Teilnehmer der Gedenkveranstaltung begannen, ihn massiv zu beleidigen und nach ihm zu schlagen und zu treten", berichtet die "Frankfurter Rundschau". Es handelt sich dabei um den Journalisten Danijel Majić, der in der Vergangenheit mehrfach über Auftritte von Bujanec in kroatisch-katholischen Gemeinden in Deutschland sowie allgemein über kroatischen Nationalismus geschrieben hat. (Olivera Stajić, 19.5.2019)