Die Schweizer stimmten am Sonntag über eine Verschärfung des Waffengesetzes ab.

Foto: APA/dpa/Gentsch

Zürich/Genf/Bern – Die Schweiz verschärft ihr Waffenrecht und schafft Steuerprivilegien für internationale Konzerne ab. Nach Hochrechnungen des Instituts gfs.bern für den Sender SRF stimmten am Sonntag jeweils etwa zwei Drittel der Bürger für neue Regeln, die den Kauf von halbautomatischen Waffen erschweren, und eine Reform, die Steuerprivilegien für internationale Konzerne abschafft.

Bei der Abstimmung über das Waffengesetz folgt die Schweiz der Europäischen Union, die mit dem 2017 eingeführten strengeren Waffenrecht Anschläge wie in Paris verhindern will. Die Schweiz gehört zwar nicht zur EU, ist aber Mitglied des Schengen-Raums und auch sonst über zahlreiche Abkommen mit der EU verbunden. Zudem kann die Polizei die Herkunft einer Waffe damit in Zukunft einfacher klären.

Gegner fürchten Entwaffnung der Bevölkerung

Die Gegner einer Verschärfung befürchten, dass es in der Schweiz nun zu einer schrittweisen Entwaffnung der Bevölkerung kommt. In der Schweiz sind Schusswaffen verbreiteter als in den meisten anderen europäischen Ländern. Das hat damit zu tun, dass die Angehörigen der Schweizer Milizarmee ihre Gewehre und Pistole zu Hause aufbewahren und damit regelmäßig üben müssen. Zudem ist das alle fünf Jahre stattfindende Schützenfest das Sportereignis mit den meisten Teilnehmern und Zuschauern.

Dennoch sprachen sich die Regierung, die meisten politischen Parteien und die Wirtschaftsverbände für eine Verschärfung aus. Bei einem "Nein" wäre die Mitgliedschaft der Schweiz am europäischen Schengen-Abkommen gefährdet gewesen, das Grenzkontrollen zwischen den teilnehmenden Ländern aufhebt. Das hätte insbesondere dem Tourismus geschadet.

Neuregelung betrifft halbautomatische Waffen

Die Regierung hatte gewarnt, ein Nein zu ihrem Gesetz zur Anpassung an das EU-Waffenrecht könne den Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Raum und Milliardeneinbußen zur Folge haben. Gegnern des Gesetzes war es jedoch gelungen, genug Unterschriften zu sammeln, um das nun abgehaltene Referendum auszulösen. Olivia de Weck, Vizepräsidentin der Waffenlobbygruppe ProTell, sagte der Nachrichtenagentur SDA, es sei "schade, dass die Bevölkerung dem Argument der Angst vor einem Schengen-Austritt gefolgt ist".

Zu den Neuregelungen gehört, dass halbautomatische Waffen mit Magazinen mit hoher Kapazität verboten werden. Sammler und Sportschützen können sie zwar grundsätzlich weiterhin erwerben, brauchen dazu aber eine Ausnahmegenehmigung, die mit hohen bürokratischen Hürden verbunden ist.

Privater Waffenbesitz weit verbreitet

Die meisten Schweizer Männer müssen zwischen ihrem 18. und 30. Lebensjahr einen Militärdienst absolvieren und dürfen ihre Waffe danach behalten. Privater Waffenbesitz ist dort darum besonders weit verbreitet: Schätzungen zufolge besitzen Zivilisten in der Schweiz rund 2.3 Millionen Waffen, das sind etwa drei Stück auf zehn Bürger. Da die meisten Schweizer bei Referenden bereits im Voraus per Brief abstimmen, wird das endgültige Ergebnis bereits im Laufe des Nachmittags erwartet.

Die Schweiz krempelt zudem die Besteuerung von Unternehmen um. Bei einer Abstimmung am Sonntag sprachen sich gfs.bern zufolge enenfalls rund zwei Drittel der Bürger für eine Reform aus, die Steuerprivilegien für internationale Konzerne abschafft.

Die EU und die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung (OECD) hatten die Schweiz gedrängt, die Steuervorteile abzuschaffen, mit denen das Land in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Großkonzerne angelockt hatte. Mit dem neuem Steuergesetz, das voraussichtlich Anfang 2020 in Kraft sein soll, vermeidet es die Schweiz, auf schwarzen Listen für Steueroasen zu landen.

Steuerausfälle

Mit der Einführung von international akzeptierten Standards entrichten alle Unternehmen in der Schweiz in Zukunft einheitliche Steuern. Um zu verhindern, dass multinationale Firmen deutlich stärker zur Kasse gebeten werden und damit abwandern könnten, werden die allgemeinen Unternehmenssteuersätze gesenkt. Unter dem Strich führt dies zu Steuerausfällen von zwei Milliarden Franken. Langfristig rechnet die Regierung damit, dass die Ausfälle durch ein schnelleres Wirtschaftswachstum und Firmenzuzüge wettgemacht werden können.

Die Schweizer Stimmbürger hatten eine ähnliche Reform der Unternehmenssteuern im Februar 2017 abgelehnt, weil die Zugeständnisse an die Firmen zu hohen Mindereinnahmen geführt hätten und nur Firmen und Aktionäre entlastet worden wären. Im überarbeiteten Vorschlag wurden nun die Steuern-Erleichterungen eingeschränkt.

Als Ausgleich für die Angestellten fließen zudem jährlich zwei Milliarden Franken mehr in die staatliche Altersvorsorge. Dank dieses für die Schweiz ungewöhnlichen Tauschhandels unterstützten neben der Regierung auch die meisten Parteien den Vorschlag. (APA, 19.5.2019)