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Der Bundespräsident mahnte nach der Unterredung mit Kurz, es müsse alles getan werden, "um das Vertrauen wiederherzustellen". Der Kanzler wiederum versicherte, die Arbeit der Regierung bis zur Wahl "in aller Ruhe" fortsetzen zu wollen. Wie beides zusammengehen soll, blieb offen.

Foto: AP/Michael Gruber

Nach der Unterredung mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte der Bundeskanzler: Die Beendigung der Koalition mit der FPÖ sei eine Notwendigkeit gewesen. In diesem Punkt ist ihm zuzustimmen. Sebastian Kurz hatte de facto gar keine andere Wahl.

Dass er am Samstag freilich viele Stunden gebraucht hatte, um sich dazu durchzuringen, ist erstaunlich. Das skandalöse Ibiza-Video mit Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus in den Hauptrollen hatte sich bis dahin bereits in seiner ganzen Abgründigkeit entfaltet. Dennoch wollte der Bundeskanzler seine türkis-blaue Koalition retten – oder gab das zumindest vor. Stundenlang wurde offenbar darum gerungen, ob neben Strache auch Innenminister Herbert Kickl gehen müsse – bis die FPÖ die Reißleine zog. Am Abend stellte sich Kurz dann vor die Medien und deklamierte: "Genug ist genug." Wenn er tatsächlich dieser Meinung ist – warum dann dieser vorherige (vergebliche) Rettungsversuch?

Ein Bundeskanzler hat auch eine staatspolitische Verantwortung. Er muss in einer Krisensituation Leadership zeigen und der verunsicherten Bevölkerung Stabilität geben – und er muss alles tun, um Schaden von der Republik abzuwenden. Österreich steht international ziemlich derangiert da. Die Ibiza-Fantasien des Vizekanzlers waren ein Hauptthema in Medien weltweit, speziell der Wirtschaftsflügel der ÖVP mit seinen verzweigten Auslandskontakten wird nicht erfreut sein, nunmehr eine "Bananenrepublik" zu repräsentieren, in der sich Amtsträger besoffen um Kopf und Kragen reden. Der Chef des deutschen Verfassungsschutzes überlegte öffentlich, die Kooperation mit Österreich überhaupt zu beenden.

Das Beschützen österreichischer Interessen funktioniert nicht ganz so glaubwürdig, wenn man vorher mit dem verstoßenen Partner noch heftig um Ministerposten gefeilscht hat. Apropos Glaubwürdigkeit: Der Bundespräsident mahnte nach der Unterredung mit Kurz, es müsse alles getan werden, "um das Vertrauen wiederherzustellen". Der Kanzler wiederum versicherte, die Arbeit der Regierung bis zur Wahl "in aller Ruhe" fortsetzen zu wollen. Wie beides zusammengehen soll, blieb offen, ebenso wie viele andere Details der finalen Trennung von ÖVP und FPÖ. Journalistenfragen waren, wie schon tags zuvor, nicht erlaubt, kritisches Nachfragen offenbar unerwünscht. Vertrauensbildung geht anders. (Petra Stuiber, 19.5.2019)