Der Sport war ihm Bühne: Heinz-Christian Strache neben Super-G-Olympionike Matthias Mayer und Peter Schröcksnadel in Südkorea.

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Am Tag danach machte ein Bonmot die Runde. So wichtig sei Heinz-Christian Strache der Sport gewesen, dass er doch glatt vergessen habe, auch seinen Rücktritt als einschlägiger Regierungsverantwortlicher zu verkünden. Ins Amt war der Wiener Ende Dezember 2017 mit einem ordentlichen Misstrauensvorschuss gestartet – als Vorbild sei Strache trotz sportlicher Betätigung in der Adoleszenz wegen seiner Haltung zum Nichtraucherschutz ganz und gar nicht geeignet, hieß es. Dabei ließen die fünf Seiten, die dem Sport im Regierungsprogramm gewidmet waren, durchaus hoffen. Von Entpolitisierung war zu lesen, von der Aufstockung der Mittel, einer vernünftigen Neuordnung des Förderwesens, von der dringend nötigen Verbesserung der Infrastruktur, von der Bewegung der Jugend, insgesamt von einer "Sport-Strategie Austria".

"Schnitzel- und Spritzernation"

"Nur weil dem Sport fünf Seiten im aktuellen Regierungsprogramm gewidmet wurden, heißt das nicht automatisch, dass davon etwas ins Leben kommt", sagte Felix Gottwald etwas mehr ein Jahr später in einem Interview anlässlich der nordischen Ski-WM in Seefeld dem STANDARD. Letztlich liege der Fokus nur auf jenen 0,1 Prozent, die das Zeug zum Weltmeister hätten. Solange er aber nicht auf jenen 99,9 Prozent der Gesellschaft liege, "die ihre Welt zu meistern haben, so lange werden wir eine Schnitzel- und Spritzernation bleiben".

Drastischer als der ehemalige nordische Kombinierer, Österreichs erfolgreichster Olympiasportler, formulierte am Sonntag Leichtathletiktrainer Wilhelm Lilge, der zu Beginn der Regierungsverhandlungen sogar in Gespräche über das Sportprogramm eingebunden gewesen war. Die Latte für Strache, sagt Lilge, sei nicht sehr hoch gelegen, den Stellenwert des Sports in der Gesellschaft zu heben sei ein erreichbares Ziel für die Politik. Die Bewusstseinsbildung wäre für einen rauchenden Sportminister allerdings schwierig gewesen. Und am starken politischen Einfluss auf den Sport habe sich nichts geändert – im Gegenteil: "Es gab die brutalste politische Umfärbung, die im Sport jemals der Fall war." Lilge spricht von freihändiger Vergabe von Posten, auch an Unqualifizierte, und führt in diesem Zusammenhang die Entlassung von Vater und Sohn Hans Holdhaus und in der Folge die Neubesetzung der Spitze des Instituts für Medizinische und Sportwissenschaftliche Beratung (IMSB) an. Eine weitere Runde des Arbeitsgerichtsprozesses in dieser Causa steigt übrigens am Dienstag.

Vorgehen nach Feudalherrenart

Lilge erinnert sich zudem an Vorgehen nach Feudalherrenart und kleinere Sportverbände, die sich in der Hoffnung auf Fördergelder an Unterwürfigkeit übertroffen hätten. Statt der versprochenen Reform des Förderwesens hätte unter Strache ein Prämiensystem Platz gegriffen. "Die Nachwuchsarbeit und die katastrophale Sportinfrastruktur wurden außer Acht gelassen. Stattdessen gab es weltfremde Projekte wie ein Fußballstadion samt Skisprungschanze", sagte Lilge. Funktionäre wie Skiverbandspräsident Peter Schröcksnadel seien vom Sportminister in den Himmel gehoben worden – "trotz aller Skandale".

Den Sport als Bühne wusste Strache jedenfalls zu nützen, vor Ort, wie bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang, oder per Gratulationsinseraten, die mit zigtausenden Euro zu Buche schlugen. Eine Tradition immerhin, die der 28. "erste Sportler" der Zweiten Republik da hoch in Ehren hielt. (Sigi Lützow, 20.5.2019)