Essaouira – Wie du es machst, ist es falsch, könnte der Arbeitstitel zum Ford Ranger Raptor gewesen sein. Ein Hochleistungs-Pick-up polarisiert wie Blümchensex und Gabalierhören. Das hat aber auch sein Gutes. Denn wenn man weiß, dass am Ende sowieso irgendwer reat, kann man gleich das machen, wovon man selbst überzeugt ist, und braucht sich erst gar nicht darum zu kümmern, wie man den Raunzern gefallen könnte.

Der Ford Ranger Raptor hat sein martialisches Äußeres nicht nur, um zu beeindrucken.
Foto: Ford

So hat das Ford beim Ranger Raptor gemacht. Sein Herzstück ist kein riesiger V8-Benziner, sein Herzstück ist nicht einmal der 213 PS starke Vier-Zylinder-Biturbo-Diesel, der ihn antreibt. Der ist viel mehr eine Vernunftentscheidung. Klar verkauft sich ein Auto mit diesem Aggregat besser, weil er nicht nur in der Anschaffung günstiger ist, sondern auch im Erhalt. Und die 500 Newtonmeter Drehmoment, die reichen bei weitem aus, um die wahre Stärke dieses Pick-ups spürbar zu machen.

Fuchs und Hase

Das, was diesen Ranger zum Raptor macht, das sind seine Fuchsbeine – die Hochleistungsstoßdämpfer von Fox. Und das verstärkte Chassis.

Hier sieht man des Geheimnis des Raptor: Seine Fox Shox.
Foto: Ford

Dieser Wagen wurde nicht gebaut, um Geschwindigkeitsrekorde auf der deutschen Autobahn zu brechen. Sein Terrain ist das Gelände. Jedes Gelände. Von der Sanddüne bis zur Schneewechte. Von der Schotterpiste bis zum Gatschloch. Die fetten All-Terrain-Reifen, die eigens für ihn entwickelt wurden, haben keine Angst vor spitzen Steinen, und das Profil gräbt sich tief in den losen Sand. Erstaunlich ist, wie leise die Reifen dann trotz ihrer wilden Stoppeln auf der Straße sind. Rein vom Hinschauen her würde man meinen, dass die beim Fahren mit jedem Kugellager an der Achse kurzen Prozess machen. Aber nichts dergleichen.

Zahlenmaterial

Kurzen Prozess gibt es nur Offroad. Der Raptor liegt deutlich höher als der normale Ranger, hat eine Wattiefe von 850 Millimetern, eine Bodenfreiheit von 283 Millimetern und Böschungswinkel von 32,5 Grad vorn und 24 Grad hinten.

Die fetten Radkästen braucht er, weil seine Spur breiter ist als beim Ranger – um die Höhe zu kompensieren.
Foto: Ford

Wenn das noch nicht reicht, ist der serienmäßige Unterfahrschutz keine zierliche Blende aus sprödem Plastik, sondern 2,3 Millimeter dicker Stahl. Da ziehen sogar ergraute Felsen aus Ehrfurcht den Kopf ein. Das liegt aber vielleicht auch an dem irren Tempo, mit dem der Ranger auf den schiachsten Schotterpisten angeflogen kommt. Sogar einen eigenen Fahrmodus – Baja – hat Ford Performance programmiert, um Hochgeschwindigkeitsfahren im Gelände im Rallye-Stil perfekt erlebbar zu machen. So schlecht kann eine Straße gar nicht sein, dass sich der Raptor nicht ab rund 80 km/h wie ein Motorboot aus dem Wasser hebt und sanft über die Wellen gleitet.

Mit dem Grill erinnert Ford an den F-150-Raptor.
Foto: Ford

Die Fox-Dämpfer haben einen Durchmesser von 63,5 Millimetern und reagieren individuell auf die an sie gestellten Herausforderungen. Sie haben eine hohe Dämpfungsrate im Gelände, eine niedrige auf der Straße.

Noch mehr Zahlenmaterial

Ja klar kann der Raptor auch gut auf der Straße fahren. Erstaunlich gut sogar. Er kann auch Klumpert laden. 620 Kilogramm immerhin. Und er kann schwere Hänger ziehen. Bis 2,5 Tonnen. Das sind die Tugenden, die können andere Pick-ups besser – wie auch mehr Leistung abrufen. Aber keine Angst, der Diesel nagelt nicht, der gurgelt dank digitaler Schmähs ganz brav im Innenraum.

Innen hat der Raptor auch nichts mehr von einer schnöden Pritsche.
Foto: Ford

Der hat übrigens auch nicht viel vom rauen Charme eines üblichen Pritschenwagens. Die Schaltpaddels der Zehn-Gang-Automatik sind aus Magnesium, die Sitze aus Leder, und beim Infotainment sind wir auch voll auf dem Niveau eines Pkws. Lieben wird den Raptor trotzdem nicht jeder. (Guido Gluschitsch, 23.5.2019)

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