In der Ersten Republik waren zwei Beamte Bundeskanzler, einer nur einen Tag, ein anderer gleich dreimal.

Der Ruf nach einem Beamtenkabinett ist so etwas wie das Drücken der Tastenkombination 122 am Telefon. Wenn regierungspolitisch Feuer am Dach ist, werden die sonst oft gescholtenen Staatsdiener als habituell loyale, neutrale, dem Staat und dem Recht, aber keiner Partei verpflichtete Personalreserve als Krisenfeuerwehr gerufen, um die Regierungseinspringer zu geben.

So auch jetzt, als Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für den Fall des – dann auch tatsächlichen – Rücktritts aller FPÖ-Regierungsmitglieder sagte, bis zur Nationalratswahl sollten die verwaisten Ministerposten "durch Experten bzw. Spitzenbeamte übernommen werden".

... sonst kommt ein Beamtenkabinett

In der Zweiten Republik war ein Beamtenkabinett nur Drohkulisse. So war es im Jahr 2000, als der damalige Bundespräsident Thomas Klestil Schwarz-Blau unter anderem notfalls durch eine Regierung aus unabhängigen Beamten verhindern wollte. Es gelang ihm nicht. Letztlich schmiedeten die drittplatzierte ÖVP und die Nummer zwei nach der Wahl, die FPÖ, eine Koalition.

Jörg Haider, damals FPÖ-Chef, hatte nicht nur 2000 für den Fall, dass es keine Koalitionseinigung geben sollte, als eine Möglichkeit ein reines Beamtenkabinett genannt. Acht Jahre später, dann als BZÖ-Chef, forderte er Bundespräsident Heinz Fischer auf, die aus seiner Sicht untätige SPÖ-ÖVP-Koalition durch Beamte zu ersetzen: "Wenn Fischer keine Minderheitsregierung will, soll er ein Beamtenkabinett installieren. Das wäre die billigste Variante."

Ebenfalls als vitalisierende "Chance" für die erlahmte große Koalition und die beklagte rot-schwarze Pattstellung schlug Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) 2006 vor, für die Übergangszeit eine "beamtete Minderheitsregierung einzuführen, die von beiden Parteien gestützt wird". Dann könnten "die Karten neu gemischt werden".

Ein Beamter als Herr am Ballhausplatz

In der Ersten Republik hingegen gab es fünf Kabinette (mit kurzen Lebensdauern zwischen einem halben Jahr und zweieinhalb Jahren), in denen Beamte neben Parteipolitikern saßen. Zwei leitete der parteilose Johann Schober, als Polizeipräsident selbst Beamter. Er wurde am 21. Juni 1921 gegen die Stimmen der Sozialdemokraten als Kanzler gewählt und bildete eine Regierung mehrheitlich aus Beamten. Politisch unterstützt wurde sie im Nationalrat von der Christlichsozialen Partei Österreichs und der Großdeutschen Partei.

Nachdem der einzige großdeutsche Minister in Schobers Kabinett zurückgetreten war – aus Protest gegen einen Vertrag mit der Tschechoslowakei, weil der das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen verletzt habe -, trat Schober am 26. Jänner 1922 zurück.

Das war die Stunde des Walter Breisky, der bis dahin für die Christlichsoziale Partei als Fachmann deren Vertrauens das Ressort für Inneres und Unterricht als "unparteiischer Beamter" geführt und als Vizekanzler amtiert hatte. Bundespräsident Michael Hainisch beauftragte den Juristen mit der "Leitung der einstweiligen Bundesregierung".

Eintagskanzler und Ein-Tages-Exkanzler

Es wurde keine Kurz-Kanzlerkarriere, sondern eine Kürzestvariante. Breisky ging als Eintagskanzler in die Geschichte der Republik ein. Schon am 27. Jänner 1922 musste der Staatsdiener wieder weichen. Ein-Tages-Exkanzler Schober hatte das Kabinett Schober II zusammengestellt – wieder mit ein paar Beamten. Vier Monate später ging auch diese Regierung perdu, weil ihr im Parlament ein Zusatzkredit verweigert wurde.

Schober setzte vier Runden aus und wurde am 26. September 1929 zum dritten Mal Herr am Ballhausplatz. Fünf der zehn Regierungsposten (inklusive Kanzler und Vize) waren mit Parteifreien besetzt – darunter als Sozialminister ein Theologieprofessor der Uni Wien: Theodor Innitzer. Zwei Jahre nach seinem Politexkurs wurde er Wiener Erzbischof. (Lisa Nimmervoll, 21.5.2019)