Die Bürger von drei kleinen Ländern stimmten vor 25 Jahren für den Beitritt zur Europäischen Union. Waren die Mehrheiten in Schweden und Finnland eher knapp, sprachen sich zwei Drittel der Österreicher für die EU-Mitgliedschaft aus. Das hat sich für den Staat im Herzen des Kontinents und damals am Rande der Union besonders gelohnt, wie eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts zeigt.

Impuls für den Handel

Ohne den zusätzlichen Handel dank der EU wäre die Wirtschaftsleistung Österreichs im Jahr 2014 um knapp 16 Prozent niedriger als 1995, schätzen die Ökonomen. Auf heute umgemünzt wäre Österreichs Volkswirtschaft global betrachtet fünf Ränge weiter unten, gleich hinter Nigeria auf Platz 31.

Das Handelsvolumen ist um fast die Hälfte höher als ohne EU-Mitgliedschaft. Damit geht eine deutlich gewachsene Beschäftigung einher. Auch die Preise sind ohne Zollschranken innerhalb der Union niedriger (siehe Grafik).

Demnach hat die heimische Wirtschaft überdurchschnittlich vom EU-Beitritt profitiert. Auch Schweden und Finnland verdanken der Zollunion positive Wachstumsimpulse, aber sie fielen unterdurchschnittlich aus. Dass Österreich so stark profitiert hat, hängt mit einer Entwicklung zusammen, die vor 25 Jahren zwar erahnbar, aber noch in einiger Zukunft lag: der Osterweiterung.

Erfolgreiche Positionierung

"Heimische Unternehmen haben sich sofort und sehr erfolgreich in den neuen Märkten im Osten positioniert", sagt Harald Oberhofer, der mit Gerhard Streicher die Studie verfasst hat, im Gespräch mit dem STANDARD. Die geografische Lage habe Österreich den entscheidenden Vorteil gegenüber den peripheren nordischen Staaten gebracht – zumindest beim Handel. Denn Österreich profitierte zwar als Exportnation stark von der Zollunion, von den nordischen Ländern setzte sich die heimische Wirtschaft aber nicht ab: Vergleicht man die Entwicklung der Wirtschaftsleistung pro Kopf, sind Finnland und Österreich über die 24 Jahre in etwa gleich gewachsen. Schweden war vor dem Beitritt etwas ärmer als Österreich. Heute ist die Wirtschaftsleistung pro Kopf in Schweden deutlich höher.

Vom Reformkurs abgekommen?

Dass die heimische Exportwirtschaft die Poleposition für die Osterweiterung bestens genutzt hat, ist offensichtlich. Was in der Betrachtung offenbleibt, sind alternative Wachstumsimpulse, die Länder wie Schweden zu so hohem Wohlstand verholfen haben. Die Studie widmete sich allein den Handelseffekten und behandelt keine anderen Faktoren, wie etwa Investitionsflüsse oder gar politische Rahmenbedingungen, betont Oberhofer.

Ein Indiz: Schweden gilt in globalen Rankings als Musterschüler, was den Reformeifer betrifft. Eine Dynamik, die in Österreich zumindest durch die Regierungskrise ins Stocken gerät. Das hat bereits Folgen: Die Ratingagentur Moody's erwartet durch das Ende des türkis-blauen Reformkurses negative Auswirkung auf die Kreditwürdigkeit der Republik. (Leopold Stefan, 22.5.2019)