Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache gönnten sich den einen oder anderen Schluck und spendeten den Geldgebern viel Aufmerksamkeit.

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Diskrete Parteispenden über gemeinnützige Vereine, am Rechnungshof vorbei? Dass es diese Möglichkeit für Förderer der Freiheitlichen gebe, ist eine der Nachrichten aus dem Ibiza-Video mit dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache, die in den vergangenen Tagen hektische Betriebsamkeit auslösten.

Gesucht wurde nach gemeinnützigen Vereinen, in deren Gremien drei Anwälte sitzen sollen, so wie es Strache der vermeintlichen Oligarchen-Nichte erklärt hatte. Haben einflussreiche Personen und Firmen wie René Benko, Heidi Horten, Glock oder Novomatic das FPÖ-Umfeld finanziert? Die Genannten dementierten ebenso wie – nach Erscheinen des Videos – Strache.

Viel Geld eingesammelt

Doch der Verdacht von versteckten Finanzstrukturen im freiheitlichen Umfeld ist damit nicht vom Tisch. Im Gegenteil: Zwei der FPÖ nahestehende Vereine (zumindest) gibt es, auf die diese Beschreibung zutrifft und die das Nachrichtenmagazin "Profil" aufgespürt hat, samt einem anonymen Spender von mehreren Tausend Euro Spende sprach.

Und die Justiz hat auch schon reagiert. Es geht um die gemeinnützigen Vereine "Austria in Motion – Verein zur Reform der politischen Kultur in Österreich" und "Wirtschaft für Österreich". An sie ist etliches Geld geflossen, und zwar – nach derzeitigem Wissensstand – 370.000 an Austria in Motion und rund 120.000 Euro an Wirtschaft für Österreich.

Tiefe Einblicke

Die Einblicke der Justiz in diese Vereine sind offenbar schon tiefer als bisher bekannt, sie ist auch nicht erst seit Ibiza-Gate an der Sache dran. Die Ermittler haben schon Spender ausfindig gemacht und sind dabei auf nützliche Informationen gestoßen. Denn unter den Geldgebern befindet sich der insolvente private Immobilienkonzern Wienwert. Genau 10.000 Euro sollen von der Gesellschaft im Jahr 2017 an Wirtschaft in Österreich geflossen sein.

Wienwert legte erst eine rasante Expansion, dann eine fulminante Pleite hin.
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Warum das so wichtig ist? Weil im Ermittlungsverfahren der WKStA rund um die 90 Millionen Euro schwere Pleite schon umfangreiche Ermittlungsergebnisse auf dem Tisch liegen. Das erleichtert die Vorgangsweise bei den Vereinen, weil sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf konkrete Hinweise stützen kann. Das bringt – aus Sicht der Justiz – enorme Vorteile: Ermittlungsschritte wie Konteneinschau können so eher genehmigt werden, als wenn nur vage Verdachtsmomente vorliegen. "Es macht einen enormen Unterschied, wenn schon konkrete Belege vorliegen", sagt ein Involvierter.

Mandatar im Zentrum

Zurück zu den Geldflüssen. In beiden genannten Vereinen ziehen FPÖ-Leute, die sich aus ihren jungen Jahren im Ring Freiheitlicher Jugend bestens kennen, die Fäden In den Mittelpunkt des Interesses ist der freiheitliche Rechtsanwalt, Nationalratsabgeordnete und Parteikassier Markus Tschank gerückt.

Markus Tschank bestreitet Zahlungen an Parteien oder parteinahe Organisationen.
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Er hat bis August 2017 in beiden Vereinen Funktionen ausgeübt, nach den Wahlen zwei Monate später zog er in das Abgeordnetenhaus ein. Weitere Vereinsorgane sind der Investmentbanker und ORF-Stiftungsrat Markus Braun, Alexander Landbauer (Bruder des niederösterreichischen FPÖ-Chefs Udo Landbauer) und Tschanks Kanzleipartner, Peter Skolek.

Zahlung genehmigt

Von Tschank existieren aus seiner Vereinszeit Schreiben, in denen er namens Wirtschaft für Österreich um Spenden wirbt. Der Verein schütze die Interessen der österreichischen Industrie und Wirtschaft, mit den erbetenen Geldern, die auf ein Konto bei der Unicredit Bank Austria fließen sollten, würden Veranstaltungen finanziert werden, heißt es im Brief. Auf den hat Wienwert-Chef Stefan Gruze offenbar reagiert. Gruze hat sich für die Wienwert-Spende das Placet des Aufsichtsrats der Immobiliengesellschaft geholt, hat DER STANDARD aus Justizkreisen erfahren.

Stefan Gruze (links) mit Bezirksvorsteher Georg Papai bei der Präsentation des Projekts Einkaufsspitz in Wien-Floridsdorf.
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Was mit dem Geld in den Vereinen dann geschehen ist? Nach jetzigem Informationsstand nicht viel – denn die Ausgaben beider Vereine hielten sich in Grenzen. Bei Austria in Motion sollen 80 bis 90 Prozent der Einnahmen noch in den Kassen liegen, nur für Miete (rund 700 Euro im Monat) und Aufbau eines Archivs soll Geld ausgegeben worden sein. Und beim blauen Wirtschaftsverein, der sich auch den Aufbau eines freiheitlichen Thinktanks zum Ziel gesetzt hat, sollen die Ausgaben ebenfalls sehr gering gewesen sein. Großspender soll es für beide Vereine nicht gegeben haben, wie es in informierten Kreisen heißt.

Nähe zu Gudenus

Ex-Wienwert-Chef Gruze wird eine gewisse Nähe zu Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus nachgesagt, von ihm wurde er auch auf den FPÖ-Verein aufmerksam gemacht. Dem Vernehmen nach gab es viele Treffen zwischen dem Immobilien-Manager und dem blauen Politiker, wobei das Unternehmen nicht nur für die Blauen gespendet haben soll, Gruze sei an allen Netzwerken interessiert gewesen, wie es heißt. Das wäre durchaus nachvollziehbar: Die Immogesellschaft hat ihr Geschäftsmodell vor dem großen Krach von Altbau auf Neubau in Wien umgestellt – politische Kontakte sind da (beinahe) unbezahlbar.

Immunität soll fallen

Wie berichtet wird gegen drei Exchefs der Wienwert und einen Geschäftspartner wegen Verdachts auf betrügerische Krida, Untreue und Bilanzfälschung ermittelt – und diese Ermittlungen sollen nun in Richtung der Vereinsverantwortlichen ausgedehnt werden. Gruze hat alle Vorwürfe stets bestritten. Von diesem Plan der WKStA ist auch Tschank betroffen – sie hat aus diesem Anlass den Nationalrat ersucht, die Immunität des Abgeordneten aufzuheben. Pikanterie am Rande: Tschank ist selbst Mitglied im Immunitätsausschuss.

Die Argumente der WKStA: Wienwert habe die Spende an den Verein relativ kurz vor ihrem Zusammenbruch getätigt. Daraus wird der Verdacht der Beihilfe zu den genannten Delikten abgeleitet. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Tschank selbst reagiert auf die Vorwürfe so: "Ich habe im Sommer 2017 meine Organfunktionen in beiden Vereinen zurückgelegt. In meiner Verantwortung gab es niemals Spenden an eine Partei oder parteinahe Organisationen." Das Ergebnis der Sonderprüfung der Vereine werde der Öffentlichkeit präsentiert werden. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 22.5.2019)