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Flugzeugturbinen schleudern Partikel aus, die für die menschliche Lunge toxisch sind, vor allem mit zunehmenden Lebensjahren.

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Gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jedes Jahr sieben Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung. Seit rund 20 Jahren zeigen Studien, dass Partikel als Feinstaub in der Luft zu Gesundheitsschäden führen. Nebst den bereits untersuchten Feinstaubquellen wie Heizungen, Industrie und Straßenverkehr gewinnen – im Zuge der steigenden Nachfrage im Flugverkehr – auch Abgase aus Flugzeugturbinen an Bedeutung.

Die primären, also direkt von der Quelle ausgestoßenen, festen Partikel haben für Personen in unmittelbarer Umgebung einer Quelle die stärksten Auswirkungen. Die Toxizität von festen Partikeln aus Flugzeugturbinen ist aber noch weitgehend unerforscht.

Triggert Entzündungen

Nun hat ein multidisziplinäres Team unter der Leitung der Lungenforscherin Marianne Geiser vom Institut für Anatomie der Universität Bern gezeigt, dass auch primäre Rußpartikel aus der Kerosinverbrennung in Flugzeugturbinen Lungenzellen direkt schädigen und Entzündungsreaktionen auslösen können, falls die festen Partikel – wie im Experiment simuliert – direkt in der Nähe des Triebwerks eingeatmet werden.

Die Forschenden zeigen erstmals, dass die schädigenden Wirkungen auch vom Betriebszustand der Turbinen, der Zusammensetzung des Treibstoffs und der Struktur der generierten Partikel abhängen. Deshalb ist die Erforschung des durch den Luftverkehr verursachten Feinstaubs für die Weiterentwicklung der Umweltnormen in der Luftfahrt wichtig.

Partikel in Flugzeugturbinenemissionen sind in der Regel ultrafein, das heißt kleiner als 100 Nanometer. Im Vergleich dazu hat ein menschliches Haar einen Durchmesser von rund 80’000 Nanometern. Diese Nanopartikel werden beim Einatmen – wie solche aus anderen Verbrennungsquellen – zu einem großen Teil in den Atemwegen abgelagert.

Wenn das Immunsystem schwächelt

Bei gesunden Personen sorgt normalerweise das gut ausgebildete Abwehrsystem in der Lunge dafür, dass die abgelagerten Partikel möglichst rasch unschädlich gemacht und aus der Lunge entfernt werden. Können aber eingeatmete Partikel dieses Abwehrsystem aufgrund ihrer Struktur oder physikalisch-chemischen Eigenschaften überwinden, besteht die Gefahr, dass das Lungengewebe irreparabel geschädigt wird. Dieser Prozess, der den Forschenden aus früheren Experimenten mit Partikelemissionen aus Benzin- und Dieselmotoren bekannt ist, wurde nun auch für die Partikelemissionen aus Flugzeugtriebwerken nachgewiesen.

Bei den Zellkulturen im Labor zeigte sich eine erhöhte Schädigung der Zellmembranen sowie oxidativer Stress. Dieser lässt Zellen schneller altern und kann ein Auslöser sein für Krebs oder Erkrankungen des Immunsystems. Die Partikel erwiesen sich als unterschiedlich schädlich, je nach Turbinenschubleistung und Treibstoffart: Die höchsten Werte wurden für konventionellen Treibstoff im Leerlauf und für den Biotreibstoff bei Steigflugbetrieb gemessen. Diese Ergebnisse waren überraschend. Insbesondere bei den Tests mit konventionellem Kerosin und bei voller Triebwerkleistung – vergleichbar mit Start und Steigflug – war die Reaktion der Zellen kleiner als erwartet.

Sehr kleine Partikel

"Diese Ergebnisse lassen sich teilweise mit den sehr kleinen Dimensionen und der Struktur dieser Partikel erklären", sagt Anthi Liati, die an der Empa Nanostrukturen von Verbrennungsaerosolen erforscht und an der Studie mitbeteiligt war. Zudem reagierten die Zellen nach einer Exposition mit Biotreibstoff mit dem vermehrten Ausschütten von Entzündungsmediatoren, die für unsere Körperabwehr von zentraler Bedeutung sind. "Diese Reaktionen reduzieren die Fähigkeit der Atemwegszellen, auf einen nachfolgenden viralen oder bakteriellen Angriff entsprechend zu reagieren", erklärt Marianne Geiser. (red, 24.5.2019)