Mehr als die Hälfte der 543 Wahlkreise in Indien sind nun orange gefärbt. Modi kann mit einer äußerst bequemen Mehrheit weiterregieren.

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Modi mäht seine politischen Gegner über den Haufen – der Cartoon, den die BJP (Bharatiya Janata Party) bereits am vergangenen Sonntag in den sozialen Netzwerken verbreitete, lässt keinen Zweifel daran, wer in Indien das Sagen haben soll. Rahul Gandhi vom Congress, Mamata Banerjee von der Trinamool-Partei in Westbengalen – alles Kakteen und Unkraut in der Erzählung der Hindunationalisten. Premier Narendra Modi säubert Indien endlich von diesen Störenfrieden.

Am Donnerstag offenbarte sich, dass die Wähler tatsächlich in der Mehrheit genau das wollen: Den starken Modi, der nicht lange herumfackelt, der Gaszylinder verteilt, der die extreme Armut "innerhalb von fünf Jahren" ausmerzen will. "MODIfied since 2014" steht auf T-Shirts seiner Anhänger, die am Donnerstag ausgelassen in Delhi feiern.

Modis BJP hat ihr fulminantes Wahlergebnis von 2014 noch einmal getoppt: Nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen sind fast 300 der 543 Sitze im Unterhaus nun orange – noch einmal 16 mehr als vor fünf Jahren. Gemeinsam mit seiner National Democratic Alliance (NDA) kommt die BJP somit auf eine bequeme Mehrheit von knapp 350 Sitzen.

Die größte Oppositionspartei, der Indian National Congess (INC), hat sich bis zuletzt an ein Stöckchen geklammert: Exit-Polls, die schon am Sonntag Modis Sieg vorausgesagt hatten, seien falsch. Gerade gegen die lautstarke BJP sei doch der wichtigste Wähler der "stille Wähler", der sich nicht traut zu sagen, für wen er eigentlich sein Kreuzchen macht.

Dass Spitzenkandidat Rahul Gandhi vor Tagen begann, die Rechtmäßigkeit des Urnengangs anzuzweifeln, war wohl das deutlichste Vorzeichen auf die drohende Niederlage. 53 Sitze bekommt der Congress wohl, mit ihrer United Progressive Alliance (UPA) 83. Besonders bitter: In Gandhis Heimatwahlkreis Amethi gewann die BJP-Kandidatin.

Größte Partei der Welt

Wenn die BJP schon 2014 fast den ganzen "Hindugürtel" im Norden orange gefärbt hat, zieht sie erstmals nun auch im grünen Westbengalen von Banerjees Trinamool ein. Nur im säkularen Süden konnte sich der Congress behaupten.

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Die Stimmen für die BJP sind oft Stimmen für Modi. "Modi und die starke Parteistruktur ist ein formidables Zusammenspiel", interpretiert BJP-Außenpolitikbeauftragter Vijay Chauthaiwale in seinem Büro im brandneuen Hauptgebäude der "größten Partei der Welt". Vor fünf Jahren noch, bevor Modi erdrutschartig durch Indien fegte, hatte die BJP 25 Millionen Mitglieder. Heute seien es 110, also 20 mehr als Chinas Kommunistische Partei. "Die BJP ist die erste Partei Indiens, die eine massive Infrastruktur von nationaler Ebene zur Basis aufgebaut hat."

Soziale Medien zur Verbreitung von Botschaften

Die neuen Mitglieder wurden per Telefon- und SMS-Direktwerbung erreicht. Außerdem haben laut Chauthaiwale nun mehr als 90 Prozent aller Dörfer eine direkte BJP-Präsenz. In der Parteizentrale befindet sich auch ein modernes Medienzentrum. Journalisten warten rund um die Uhr darauf, dass etwas passiert. In kleinen Kabinen sind vor Videokameras Plakatwände mit dem BJP-Logo aufgebaut. Jederzeit können hier auf Youtube Botschaften hochgeladen werden.

Die sozialen Medien wurden zum Kern der Nachrichtenverbreitung. "Wir können per Whatsapp hunderttausende Menschen direkt und gleichzeitig erreichen", erklärt Chauthaiwale. Unabhängig von den klassischen Medien bringe das eine einheitliche Botschaft an alle. Dass dabei auch Fake-News verbreitet werden, gesteht er ein. Es sei aber nicht die Norm, betont er.

Nationalismus mit hinduistischen Werten

Der BJP wird immer wieder vorgeworfen, religiöse Konflikte für ihre politischen Zwecke anzuheizen. Sei es die Forderung nach dem "Ram-Tempel" auf einer historischen Moschee – ein Konflikt, der schon 1992 2000 Todesopfer forderte. Oder das Vorgehen gegen "Kuhmörder". Ganz Indien soll in ihr nationalistisches Weltbild passen, das auf hinduistischen Werten basiert. Immerhin seien 85 Prozent der Bevölkerung Hinduisten, erklärt Chauthaiwale: "Wir sind stolz drauf."

Mit Themen wie Arbeitslosigkeit und der Not von Bauern versuchte die Opposition, Paroli zu bieten. Doch die Eskalation mit Erzfeind Pakistan in Kaschmir im Februar spielte Modi in die Hände. Sicherheit war wieder das Thema Nummer eins. Und Modi konnte wieder das darstellen, was er am besten kann: den starken Mann. Und so hat die BJP Indien fest im Griff. (Anna Sawerthal, 23.5.2019)