Bild nicht mehr verfügbar.

Carsten Sieling hofft auf eine Zusammenarbeit von SPD, Grünen und Linken.

Foto: AP/Martin Meissner

STANDARD: Warum geht es der SPD in Bremen so schlecht?

Sieling: Die SPD steckt bundesweit seit dem vorletzten Jahr in einer schwierigen Lage, und das merken wir auch hier in Bremen – wenngleich wir hier bei Wahlen immer sieben bis acht Prozentpunkte besser sind als der Bundesschnitt.

STANDARD: Sie verspüren aber keinen Rückenwind aus Berlin.

Sieling: Die SPD geht jetzt genau den richtigen Weg mit der Grundrente für alle, die lange gearbeitet haben und im Alter nur ein geringes Einkommen haben. Wenn das Wirkung zeigt, werden sich die Werte für die SPD auch im Bund wieder verbessern. Das passiert nicht im Schnellzug, geht aber in die richtige Richtung.

STANDARD: Liegt es wirklich nur an der Bundes-SPD, dass es für Sie in Bremen so knapp wird?

Sieling: Wir haben auch in Bremen schwierige Jahre hinter uns, wir mussten einen harten Sparkurs fahren. Deshalb konnte nicht alles so verwirklicht werden, wie ich mir das selbst vorgestellt hätte. Bremen hat aufgrund großer Strukturumbrüche eine hohe Langzeitarbeitslosigkeit und hohe Schulden. Aber wir haben unseren Haushalt in Ordnung gebracht, und 2017 lag Bremen beim Wirtschaftswachstum in Deutschland auf Platz eins. Dadurch und durch den Erfolg bei den Bund-Länder-Finanzverhandlungen haben wir ab 2020 deutlich größere Gestaltungsmöglichkeiten.

STANDARD: Die SPD regiert seit 73 Jahren. Hat sie nicht genug getan?

Sieling: Wir sind in den 73 Jahren 19-mal wiedergewählt worden und haben immer wieder das Vertrauen bekommen.

STANDARD: Haben Sie vielleicht auch jemanden unterschätzt – den CDU-Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder, einen Quereinsteiger ohne politische Erfahrung?

Sieling: Ich habe jeden Spitzenkandidaten sehr ernst genommen.

STANDARD: Sie setzen, um im Amt bleiben zu können, auf Rot-Rot-Grün. Es wäre das erste Bündnis dieser Art im Westen. Hätte es Signalwirkung für den Bund?

Sieling: Wir haben eine echte Richtungswahl. Die CDU will ein anderes Bremen mit Privatisierungen beispielsweise im Bereich von Wohnungen. Das lehne ich entschieden ab, ich stehe für ein soziales Bremen. Da kann man kein vernünftiges Bündnis schließen. Wir haben mit den Grünen gut zusammengearbeitet, im Programm mit der Linken gibt es auch Übereinstimmungen, da habe ich gesagt: Ich bin für Klarheit und Wahrheit und rede nicht drum rum. Was den Bund betrifft: Wir haben mittlerweile eine Lage in Deutschland, dass die Zusammenarbeit von SPD, Grünen und Linken normaler wird. Es gibt eine Reihe von Bündnissen. (Birgit Baumann, 25.5.2019)