In der Wirtschaft sind Leistungstests gang und gäbe, warum nicht in der Politik, fragt Wirtschaftspsychologe Othmar E. Hill im Gastkommentar.

"Diese Gesellschaft gibt mir zu denken. Das ist alles, was diese Gesellschaft mir gibt." (Alois Brandstetter)

Als die Krone kurz vor der Wahl 2017 an mich mit dem Vorschlag herantrat, doch alle Spitzenkandidaten einem Eignungstest zu unterziehen, hielt ich das zunächst für eine Schnapsidee. Die Intention: Das Zeitungspublikum soll die zu Wählenden auch in anderem Format kennen lernen als nur im Wahlkampfmodus. Letztendlich wurde unter notarieller Aufsicht jeder einzeln online getestet, und das Ergebnis ging – völlig anonym – an mich. Ich erstellte daraufhin im Blindflug alle Eignungsreports.

Christian Kern etwa brach den Test vorzeitig ab, so wie später auch seine Kanzlerschaft. Matthias Strolz wurde als unberechenbar eingeschätzt, was er durch seinen Ausstieg bewies. Peter Pilz schnitt als eigensinnig/autoritär ab, sodass ihm jede Vizeposition als unzumutbar zugeschrieben wurde. Sebastian Kurz zeigte sich im Interessentest ziemlich unprofiliert ("Weiß zwar nicht, wohin, ist dafür aber umso schneller dort!"); nur nach Karriere strebend. Und Heinz-Christian Strache zeigte das Bild eines recht braven Vizes, was er nun über weite Strecken auch bewies, allerdings waren auch seine konservativ-ideologische Werthaltung und eine große Konsequenz in der Umsetzung messbar.

Foto: https://www.istockphoto.com/at/portfolio/AndreyPopov

Vorauswahlprozess – wie in der Wirtschaft

Kleiner, aber nicht unbedeutender Fehler des ganzen Verfahrens: Alle weigerten sich, einen Intelligenztest zu absolvieren. Nun ist gerade bei verantwortungsvollen Posten eine gewisse Grundintelligenz Voraussetzung für ein gedeihliches politisches Verständnis und Handeln. Wenn in der Industrie Lehrlinge ausgesucht werden, so haben diese stundenlange Leistungstests durchzustehen. In die Politik können alle einsteigen, ohne auch nur die geringste Einstiegshürde – außer Vitamin P wie Protektion – zu haben. Für den D-Führerschein (Busse) muss alle fünf Jahre die psychische Eignung nachgewiesen werden. Wenn jemand statt für 35 Personen für Hunderttausende die politische Verantwortung trägt, reichen Beziehungen allein aus?

Es ist daher zu fordern, dass für alle politisch verantwortlichen Posten ein von einem unabhängigen und jährlich zu wechselnden Team von Fachleuten profunder, nicht elitärer Personalauswahlprozess installiert wird. Auch alle Wahlwerbenden müssen sich – so wie in der Wirtschaft üblich – einem Vorauswahlprozess stellen, um zu verhindern, dass jemand eine Position bekleiden wird, der er oder sie später nicht gewachsen sein wird. (Othmar E. Hill, 27.5.2019)