Harald Vilimsky kann sich freuen: Ibiza-Gate hat den Freiheitlichen nur geringe Verluste beschert.

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Nach der Wahl ist vor der Wahl, und in diesem Fall liegen nur drei bis vier Monate zwischen den Wahlen zum EU-Parlament und zum Nationalrat. Eine Zeit, die von außerordentlichen Umständen geprägt ist: Die Opposition hat dezidiert kein Vertrauen zu jenem Mann, dessen Partei der einzige und eindeutige Wahlsieger ist, ganz sicher auch dank seiner Person.

Das Ergebnis vom Sonntag macht es der SPÖ nicht leichter, ihr Misstrauen gegen Sebastian Kurz den Bürgern nahezubringen. Was den Funktionären zwingend erscheint, stößt bei vielen anderen im Land wohl auf Unverständnis. Die SPÖ hat aber noch ein anderes Problem – und das nicht erst seit dem Sonntag: Pamela Rendi-Wagner. Offenbar sind sich viele in der Partei nicht sicher, ob sie wirklich die ideale Spitzenkandidatin ist, mit der man in die entscheidende Wahlauseinandersetzung ziehen soll. Dass es keine zwingende Alternative gibt, macht die Lage nicht besser. Ob Hans Peter Doskozil den Landeshauptmannsessel im Burgenland aufgeben wollen würde, ist die eine Frage, die andere, ob die Partei mit ihm glücklich werden würde. Eher nicht.

Das Problem von Rendi-Wagner, deren Integrität und Intelligenz außer Frage stehen, ist eines von Charisma, Autorität und Authentizität. Zielstrebigkeit könnte man auch noch anführen. Rendi-Wagner ist in der SPÖ eher Passagierin als Lokführerin.

Dieses Problem hat die ÖVP mit Kurz nicht. Da ist es eher umgekehrt: Die Partei könnte etwas mehr Einbindung in das Projekt Kurz vertragen. Und wenn Kurz im Wahlkampf nicht mehr Kanzler ist, braucht er die Partei umso mehr als Basis, die ihn trägt und ihm eine Bühne gibt.

Die Grünen haben ein Luxusproblem. Werner Kogler könnte da wie dort, EU-Parlament oder Nationalrat. Im Sinne der Glaubwürdigkeit müsste Kogler den Wahlauftrag vom Sonntag annehmen und in Österreich jemand anderem den Vortritt lassen: Rudi Anschober oder Sigi Maurer etwa, oder beiden, im Doppelpack.

Die Freiheitlichen, die am Sonntag nahezu ungestraft blieben, werden weiterhin auf ihre Doppelstrategie setzen und Öffentlichkeit wie eigene Leute mit beidem beglücken: der aggressiven Gehässigkeit des Herbert Kickl und der aufgesetzten Freundlichkeit des Norbert Hofer. Das geht offenbar rein. Trotz Strache, trotz Gudenus, trotz Ibiza. Es ist erstaunlich, aber zur Kenntnis zu nehmen. (Michael Völker, 26.5.2019)