Alle wollen sie und raufen miteinander um die seltenen Exemplare: digital gut ausgebildete Junge. Aber was wollen die von Firmen wirklich? Was lockt sie an, was hält sie? Antworten darauf sind mittlerweile ein beliebtes Thema für Studien und Umfragen geworden. Die Boston Consulting Group hat mit Step Stone und The Network aktuell 26.800 von ihnen in 180 Ländern befragt.

Qualifiziert sind sie im Data-Mining, im Data-Engineering und in Analytics; außerdem in der Softwareentwicklung, im digitalen Marketing, im Design digitaler Schnittstellen, im Entwickeln mobiler Applikationen, in der künstlichen Intelligenz und in der Automatisierungstechnik. 80 Prozent haben Hochschulabschluss, und – das hat sich in den vergangenen Jahren kaum geändert – zwei Drittel sind junge Männer. Alle vereint: Sie sind außergewöhnlich mobil und in hohem Maß bereit, für die Arbeit sogar auf einen anderen Kontinent zu ziehen.

Beliebte Arbeitgeber

Befragt nach ihren Wunscharbeitgebern, nennen sie zuerst Großkonzerne, dann die Selbstständigkeit. Gefolgt von kleineren Unternehmen. Start-ups kommen erst an vierter Stelle. Das ist überraschend, meist werden diese neuen Berufsbilder in die Welt der Start-ups eingeordnet – das ist offenbar unrichtig. Sogar, was die (in dieser Befragung 3600) Experten für künstliche Intelligenz betrifft: Auch sie wollen zuerst in Großkonzernen arbeiten.

Erwartungsgemäß sind Digitalexperten in weniger prosperierenden Ökonomien am ehesten bereit, ihr Land zu verlassen: In Indien und Brasilien ist diese Mobilität besonders hoch (75 Prozent), in China vergleichsweise niedrig (45 Prozent). Wer wegwill, will am ehesten in die USA – das passt zu Großkonzernen als Wunscharbeitgebern. Deutschland, Kanada, Australien und Großbritannien folgen dahinter. Österreich rangiert nicht auf der Top-Ten-Liste.

Work-Life-Balance

Was ist denen mit digitaler DNA wichtig im Job? Sicher wollen sie sich nicht endlos zu Tode schuften: Ganz oben steht Work-Life-Balance, es folgen entsprechende Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung. Diese Jungen wissen, dass ihr Know-how aus der Hochschule eine kurze Halbwertszeit hat, und nehmen Unternehmen in die Pflicht des ständigen Lernens.

Ein gutes Betriebsklima gehört auch zu den Topwünschen, genauso wie ein gutes Verhältnis zum Management. Zudem wollen sie gelobt und gesehen werden – Anerkennung für ihre Arbeit ist ebenfalls besonders wichtig, "interessante Aufgaben" natürlich ebenso und "kreatives Arbeiten" selbstverständlich auch.

Große Hürden

So weit, so klar und verständlich – wenngleich organisational vielleicht nicht überall schnell verwirklichbar. Heimische Firmen berichten allerdings von durchaus noch größeren Hürden, zuletzt recht unisono bei der einschlägigen Fachkonferenz We Are Developers (der größten Entwicklerkonferenz Europas) mit Apple-Co-Gründer Steve Wozniak als Gastredner. Sowohl Entwickler suchende Unternehmer als auch Unternehmen suchende Entwickler bedauern die langen Wartefristen. Die Rot-Weiß-Rot-Karte zu bekommen dauere Monate – und dann sei nichts fix, so der Tenor.

Anwesende erzählen von Hilfskonstrukten, um Programmierer aus Drittstaaten nach Österreich zu bekommen. Manche inskribieren an Unis, um über ein Studentenvisum Teilzeit arbeiten zu können. Andere suchen Wege über Visa in anderen EU-Staaten. "Firmen wollen nicht ein halbes Jahr auf Entwickler warten. In Osteuropa gäbe es Entwickler, die auf der Stelle kommen würden. Den heimischen Firmen entgehen dadurch Millionenumsätze", sagt Benjamin Ruschin, Veranstalter und Mitgründer von We Are Developers. (Karin Bauer, 1.6.2019)