Bohrproben aus riesigen Steinkoralle der Gattung Porites im Riff vor Amerikanisch-Samoa verdeutlichen die zunehmende Ozeanversauerung in den letzten Jahrzehnten.

Foto: Braddock K. Linsley

Eine der Folgen des Klimawandels ist die sogenannte "Versauerung" der globalen Ozeane. Durch die Nutzung fossiler Brennstoffe und die Abholzung von Wäldern verursacht der Mensch einen kontinuierlichen Anstieg von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Da die Meere als CO2-Speicher fungieren, nehmen sie laut bisherigen Untersuchungen mehr als 40 Prozent des anthropogenen Treibhausgases auf. Was dann passiert, hat für viele Lebewesen in den Ozean lebensbedrohliche Konsequenzen: Wenn überschüssiges CO2 mit dem Meerwasser zu Kohlensäure reagiert, sinkt der pH-Wert. Diese Ozeanversauerung hat negative Auswirkungen auf kalkbildende Meeresorganismen und deren Fähigkeit, ein voll funktionsfähiges Kalkskelett aufzubauen.

Das kühle Wasser der gemäßigten Breiten nimmt dabei mehr CO2 auf als das Meerwasser in den Tropen. Die Folgen der Ozeanversauerung sind hier deutlicher und zeigen sich unter anderem bereits in den Kalkskeletten von Muscheln. Für tropische Steinkorallen hingegen gab es bisher wenige Studien die belegten, dass sie auf das saurere Milieu reagieren. Nun zeigt eine Arbeit im Fachjournal "Nature Communications" eines internationalen Forscherteams, dass auch sie mittlerweile die veränderte Wasserchemie widerspiegeln.

Uralte Steinkorallen

Die Wissenschafter entnahmen in den Riffen des Südpazifiks Bohrkerne aus Korallen der Gattung Porites, einige davon über 1.500 Jahre alt. Es handelt sich dabei um massive und sehr resistente Steinkorallen, die riesige Halbkugeln bilden und mehrere Meter groß werden können. "Wir sehen eigentlich in ihnen die zukünftigen 'Gewinner' im Überlebenskampf, den die Veränderung der Umwelt den Korallen aufzwingt", erklärt Henry Wu, Geologe am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen und einer der Autoren der Studie.

Hinweise darauf finden sich vor Papua Neu Guinea. Dort strömt vulkanisches CO2 aus dem Meeresboden und säuert das Meerwasser sehr stark an. Im angrenzenden Riff ist die Zusammensetzung der Arten anders als sonst in der Region. Massive Korallen beispielsweise der Gattung Porites überwiegen dort. Die fragileren verästelten Korallen sind hingegen seltener, stattdessen findet man an vielen Stellen im Riff Seegras oder Algen.

Verändertes Isotopenverhältnis

Die Forscher entnahmen den Korallenbohrkernen kleine Proben und untersuchten deren Kohlenstoffisotope. Steinkorallen wachsen zwischen einigen Millimetern und mehreren Zentimetern pro Jahr und bilden – ähnlich wie Bäume – Wachstumsringe aus. Dabei bauen sie die Kohlenstoff-Isotope C12 und C13 in ihr Kalkskelett ein. Die Untersuchungen ergaben ein zahlenmäßiges Verhältnis der beiden Isotope, das über viele Jahrhunderte weitgehend konstant blieb und nur geringe natürliche Schwankungen aufweist. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts, mit fortschreitender Industrialisierung, ändert sich dieses Isotopenverhältnis.

"Wir fanden ab 1950 einen deutlich ansteigenden Anteil an C12", berichtet Henry Wu. "Das nennen wir 'alten' Kohlenstoff, denn es ist der, der über Millionen von Jahren im Erdboden lagert und erst durch die Nutzung fossiler Brennstoffe wieder in die Atmosphäre gelangt." Wie sich das veränderte Isotopenverhältnis auf ein Korallenskelett auswirkt, ist noch nicht erforscht. Das C12-Isotop ist aber etwas leichter als C13 und wird von der Koralle schneller aufgenommen.

Daten für zukünftige Prognosen

Mit den Isotopen speichern die Korallen noch weitere Hinweise auf ihre Umgebung, die weit in die Vergangenheit reichen. "Wir haben herausgefunden, dass die Kohlenstoffisotope uns viel genauere Aussagen bezüglich der Änderungen des Meeresspiegels in der Vergangenheit erlauben, als bisher möglich war", so Henry Wu. "Die Vergangenheit zu verstehen wiederum hilft, Prognosen für die Zukunft zu machen." (red, 27.5.2019)