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Irland ist nicht nur zum St. Patrick's Day grün.

Foto: AP/Morrison

Der europaweite Erfolg der Grünen hat sich auch in Irland niedergeschlagen. In der Hauptstadt Dublin holten sie bei der Kommunalwahl 15 Prozent hinter Fianna Fáil und verwiesen die Regierungspartei Fine Gael auf den dritten Platz. In allen innerstädtischen Stimmbezirken heimsten die Listenführer der Partei die meisten Stimmen ein. Obwohl die Europawahl am Montag noch nicht endgültig ausgezählt war, galt die Wahl Ciarán Cuffes als ausgemacht. Damit erhalten die Grünen zum ersten Mal in diesem Jahrhundert einen der elf irischen Sitze in Brüssel.

Der konservative Premier Leo Varadkar interpretierte das Resultat als Signal der Öffentlichkeit, dass die Regierung in der Klimapolitik "rascher mehr unternehmen" solle. Der Chef der Fine Gael sprach gegenüber dem irischen Sender RTE ausdrücklich von einer C02-Steuer, womöglich schon im nächsten Haushalt, der im Herbst ansteht. Landesweit lag die größte Oppositionspartei Fianna Fáil (27 Prozent) wieder knapp vor Varadkars Fine Gael (25).

Spekulationen

Zu Spekulationen um mögliche vorgezogene Neuwahlen zum Dubliner Parlament Dáil äußerte sich Varadkar vorsichtig: Er habe diesbezüglich keine Pläne, könne einen Urnengang aber auch nicht ausschließen. Die Minderheitsregierung aus Fine Gael und zwei unabhängigen Gruppen ist von der Duldung durch Fianna Fáil abhängig. Deren Vorsitzender Micheál Martin hatte im Dezember wegen des Brexits weiteren Burgfrieden bis zum Frühjahr 2020 zugesagt. "Wir werden nicht zulassen, dass hier ähnliches Chaos herrscht wie in Westminster", sagte der Oppositionsführer damals zur Begründung.

Schwere Verluste hat die republikanisch-nationalistische Sinn-Féin-Partei erlitten und dutzende von Sitzen in den Kommunalvertretungen verloren. In der Hauptstadt Dublin lag ihr Stimmenanteil um zwölf Prozent niedriger, in der südwestlichen Großstadt Cork um neun Prozent. Offenbar stehen auch die bisher drei Sitze im Europaparlament infrage. Die jahrzehntelang vom früheren IRA-Terroristen Gerry Adams geführte Partei erhielt vor fünfzehn Monaten die Fraktionschefin im Dubliner Parlament Dáil, Mary Lou McDonald, als neue Vorsitzende. An ihrer Führungsqualität und der Blockadepolitik Sinn Féins im nordirischen Landtag gibt es erhebliche Zweifel.

Scheidungsreform

Neben den Europa-Abgeordneten haben die Iren am Freitag auch sämtliche Kommunalregierungen bestimmt sowie in einem Referendum eine neuerliche Reform der Scheidungsgesetzgebung beschlossen. Statt wie bisher vier Jahre müssen Paare künftig nur noch zwei Jahre voneinander getrennt leben, ehe eine einvernehmliche Scheidung möglich wird. Das Votum mit 82,1 Prozent stellt eine erneute schwere Niederlage für die katholische Kirche dar, deren Einfluss auf der Grünen Insel in den vergangenen Jahren stetig gesunken ist.

Da die Auszählung von Stimmen in der Republik wegen des personalisierten Wahlrechts mit übertragbaren Einzelstimmen sehr langwierig ist, dauerte auch die Verkündung des Referendums bis in die frühen Morgenstunden des Sonntags. Das Ergebnis war landesweit eindeutig; selbst im ländlich geprägten Bezirk Monaghan lag die Zustimmung bei drei Vierteln. Die Beteiligung lag bei knapp über 50 Prozent.

Niedrige Scheidungsrate

Das Vorhaben der konservativen Minderheitsregierung unter Varadkar hatte bei allen großen Parteien Rückhalt gefunden. Es sei darum gegangen, "das System nicht umzuwerfen, sondern menschlicher zu gestalten", erläuterte Kulturministerin Josepha Madigan. In dem einst tiefkatholischen Land war die Ehescheidung bis 1995 verboten. Seither galt die Trennungszeit von vier Jahren als verpflichtend. Die Scheidungsrate auf der Grünen Insel bleibt im Vergleich zu anderen westlichen EU-Mitgliedern sehr niedrig.

Die Opposition für die neue Frist von zwei Jahren sowie die zukünftige Möglichkeit für das Parlament, ohne Verfassungsänderung weitere Liberalisierungen zu beschließen, wurde vom Klerus angeführt. "Der Zweck des Referendums ist nicht die Unterstützung von Ehen, sondern die Liberalisierung der Scheidungsgesetze", konstatiert Bischof Denis Nulty, Bischof von Kildare und Beauftragter der irischen Bischofskonferenz für Ehe und Familie. Doch seit einer Serie von unappetitlichen Skandalen um Ausbeutung und Misshandlung von Kindern bis hin zu schwersten Sexualverbrechen ist die Macht der katholischen Kirche gebrochen. Wie bei der Abstimmung zur Schwulenehe vor vier Jahren stand sie auch diesmal mit ihrer Opposition auf verlorenem Posten. (Sebastian Borger aus London, 27.5.2019)