Der Kampf der Geschlechter im Sherwood Forest. Gut gemeint ist es ja, gut gelöst wird es in "Robin Hood" im Theater der Jugend nicht.

Rita Newman

Klassikeradaptionen sind das Gebot der Stunde. Auch im Kinder- und Jugendtheaterbereich – und dort schon länger. Vorwiegend werden auf Basis von Prosawerken und Filmstoffen neue Stücke entwickelt. Im Wiener Theater der Jugend waren das heuer Ronja Räubertochter, Frankenstein, Schuld und Sühne oder aktuell: Robin Hood.

Das zentrale Motiv für Neufassungen ist, Erzähl- und Sprechweisen sowie Figurenzeichnungen einem Publikum der Gegenwart zu erschließen, kurz: die Verhältnisse ins Heute zu übersetzen.

Rap geht besser rein als Jamben

Männliche Helden sind derzeit out, Heldinnen und emanzipierte Frauen in, flotte Sprüche wiegen mehr als spießige Gliedsatzkonstrukte, Rap geht besser rein als Jamben – und hoher Coolness-Faktor ist Pflicht. Wie also tun? Manchmal greifen Neufassungen also zu radikalen Schritten, wie Robin Hood von Thomas Birkmeir im Renaissancetheater. Ziel ist es, die archaische Grundkonstellation – männlicher Held plus ihn anschmachtendes Frauenzimmer – aufzubrechen. Folglich schreibt Birkmeir Lady Marian und ihre Amme zu ebenbürtigen Protagonistinnen hoch. Ein respektables Unterfangen, das nun einer Heerschar von Volksschülern die geschlechtlich determinierte Welt ein wenig aufschlüsselt. Ein Unterfangen, das Fallen birgt.

Mutiger Vermögensumverteiler

Birkmeir bezieht sich auf keine konkrete literarische Vorlage, ist Robin Hood doch längst popkulturelles Allgemeingut geworden. Er folgt aber der seit den ersten Robin-Balladen bekannten Erzählung eines mutigen Vermögensumverteilers und Anführers einer Bande im Wald von Sherwood, der den Herrschenden Streiche spielt. Auf großen Bildschirmen werden auf der Renaissancetheater-Bühne die wechselnden Schauplätze illustriert: Wald, Verlies, Schloss. Und das alles in historischen Kostümen.

Lady Marian (Larissa Aimée Breidbach) findet den Helfer der Armen (Jakob Elsenwenger) interessant und flieht zu ihm in den Wald. Weil er aber in Wahrheit ein unfreundlicher, überheblicher Typ ist und sein Ansinnen vom Kampf für Gerechtigkeit schon ad acta gelegt hat, zieht sie wieder Leine und erklärt seinen politischen Auftrag zu ihrem – und wird die neue Heldin. Ihr Nom de Guerre: "Red Cap".

Alle Geschlechterklischees

Eine neue Heldin? Nicht wirklich. De facto zelebrieren Stück wie Inszenierung alle Geschlechterklischees, auch wenn diese mit einem Augenzwinkern gedacht sind. Zunächst werden altmodische Geschlechterrollen etabliert: "Echte Männer", die sich "fünf Söhne" wünschen und von rasierten Frauenbeinen träumen; und Prinzessinnen, die "nix zu tun" haben und die, wenn sie selbstständig handeln, automatisch Außenseiterinnen sind.

Aus diesem gesellschaftlichen Mittelalter gilt es sich freizuboxen. Das geht für Red Cap letztlich nur als Sidekick: Die Heldin muss ihren Helden kopieren und ihre Kämpferkompetenz überstrapazieren, um etwas zu gelten.

Am Ende ist Robin Hood noch zu stolz, um sich von einer Frau befreien zu lassen. So undankbar wäre nicht einmal die heteronormative Ikone James Bond gewesen! (Margarete Affenzeller, 28.5.2019)