Hartwig Löger führt provisorisch die Regierungsgeschäfte.

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Vom Finanzminister zum Vizekanzler zum Bundeskanzler – und das innerhalb einer Woche. Mit Hartwig Löger ging es in den letzten Tagen steil bergauf. Lange wird er den Ausblick vom Gipfel aber nicht genießen, denn spätestens nächste Woche will Bundespräsident Alexander Van der Bellen einen Übergangskanzler angeloben.

Am Dienstag hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Regierung von Ex-Kanzler Kurz (ÖVP) ihres Amtes enthoben und sie anschließend interimistisch wieder eingesetzt. Einzige Ausnahme: Sebastian Kurz scheidet sofort aus der Regierung aus, der provisorischer Bundeskanzler ist nun Hartwig Löger (ÖVP).
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Dass der 53-jährige frühere Versicherungsmanager die Kanzleragenden provisorisch führt, kann er dennoch als Kompliment verbuchen. Beobachter sehen in seiner Wahl auch ein Signal, eine mehr in Sachfragen denn in politischen Querelen versierte Person an die Spitze des Kabinetts zu hieven.

Guter Draht zu Kurz

Bis zur Berufung zum Finanzminister im Dezember 2017 war der damalige Uniqa-Österreich-Chef außerhalb der Branche wenig bekannt. Zum Avancement beigetragen haben dürfte eine Bekanntschaft mit Sebastian Kurz, der vor gut zehn Jahren bei der Assekuranz jobbte und Löger in Erinnerung blieb. Der Manager hielt danach Kontakt zum jungen Talent.

Van der Bellen gelobte Löger am Dienstag an.
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In seiner kurzen Amtszeit brachte Löger einige größere Vorhaben voran, auch wenn deren Bestand durch das jähe Regierungsende teilweise gefährdet sein dürfte. Besonders stolz ist der in Selzthal geborene Obersteirer, Vater zweier Kinder und Opa, auf das Nulldefizit, das 2018 – früher als geplant – geglückt ist. Sein zweiter großer Wurf war die Steuerreform, deren Umsetzung nun aber in den Sternen steht.

Probleme auf EU-Parkett

Nicht immer gute Figur machte der Läufer und Tennisspieler, der bis 2018 auch als Präsident der Sportunion fungierte, auf europäischer Ebene. Dass das von ihm forcierte Projekt einer EU-weiten Digitalsteuer scheiterte, lag zwar nicht an ihm, sondern am Widerstand einiger Mitgliedstaaten. Allerdings waren Lögers mehrmalige Versuche, die "Partner" durch das Verkünden einer Einigung unter Druck zu setzen, ebenso kontraproduktiv wie durchsichtig.

Nicht viel besser erging es ihm bei der Finanztransaktionssteuer, bei der Löger einem verbliebenen Grüppchen mit ähnlichen Interessen vorsitzt. Erfolge konnte er – wie schon seine Vorgänger – auch hier nicht verbuchen.

Im persönlichen Umgang wird Löger als sehr freundlich, in Sachthemen bewandert, aber auch etwas technokratisch beschrieben. Was "Seneka", wie sein Couleurname in einer katholischen Verbindung lautet, nach seiner Amtszeit machen wird, ist noch nicht bekannt. Möglicherweise fängt er nach der Neuwahl wieder als Finanzminister an. (Andreas Schnauder, 28.5.2019)

Zur Nachschau: Löger am Rande des STANDARD-Sommergesprächs mit "Seyffenstein" Roubinek.
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