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Passanten legten Blumen an dem Tatort in Kawasaki nieder.

Foto: AP / Jae C. Hong

Messerschwingende Amokläufer haben die japanische Nation immer wieder schockiert. Diesmal wurde ein Albtraum vieler Eltern wahr: Unschuldige Kinder fielen einem Horrorangriff an einer Bushaltestelle zum Opfer. Der blutige Überfall ereignete sich um 7.40 Uhr morgens in einem Wohnviertel von Kawasaki im unmittelbaren Westen der japanischen Hauptstadt.

Ein 50- bis 60-jähriger Mann ging langsam auf eine Gruppe von Volksschülerinnen zu, die gerade in ihren Schulbus einstiegen. Dann brüllte er Augenzeugen zufolge "Ich werde euch töten" und stach mit zwei Messern auf die Kinder ein. "Sie kreischten und liefen schreiend weg", erzählte eine ältere Frau dem japanischen TV-Sender TBS. "Eine Mutter rief laut, dass auf die Mädchen eingestochen wurde."

Wiederbelebung ohne Erfolg

Insgesamt wurden 18 Opfer gezählt. Ein elfjähriges Mädchen und der 39-jähriger Vater einer der Schülerinnen, ein Beamter im Außenministerium, starben nach japanischen Presseberichten an Stichen in Hals und Rücken. Eine Wiederbelebung am Tatort scheiterte. Weitere 14 Volksschüler, darunter ein Bursche, und zwei Erwachsene erlitten Verletzungen, drei wurden schwere Wunden zugefügt. Große Blutlachen am Tatort bezeugten die grausame Attacke stumm.

Anschließend tötete sich der Täter selbst. "Ich sah einige Kinder stürzen und konnte es kaum begreifen, da stand der Typ schon vor mir, in jeder Hand ein Messer", berichtete ein anderer Augenzeuge auf TBS. Dann habe sich der Mann mit den Messern selbst in den Hals geschnitten und sei umgekippt. Als die Polizei eintraf, lag der mutmaßliche Täter leblos auf dem Boden. Nach der Einlieferung ins Krankenhaus wurde er für tot erklärt. Das passiert in Japan immer erst in der Einrichtung, denn in den Krankenwagen fahren nur Sanitäter mit.

"Tiefe Wut"

Das Motiv des Amokläufers blieb unklar. Die Polizei fand einen Rucksack mit zwei weiteren Messern. Die angegriffenen Kinder besuchen eine private, katholische Volksschule in Kawasaki, die von kanadischen Nonnen betrieben wird. Regierungschef Shinzo Abe äußerte im Gespräch mit der TV-Station NHK "tiefe Wut" über die Attacke auf kleine Kinder und forderte mehr Sicherheit auf den Schulwegen. Sein Bildungsminister Masahiko Shibayama kündigte Maßnahmen an, um verdächtige Personen rechtzeitig zu identifizieren.

US-Präsident Donald Trump, der gerade seinen viertägigen Staatsbesuch in Japan beendete, bekundete sein Beileid: "Alle Amerikaner stehen den Menschen in Japan zur Seite und trauern um die Opfer und mit ihren Familien", ließ er mitteilen.

Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen an Schulen

Japan ist wohl das sicherste Industrieland der Welt. Die Verbrechenszahlen sinken seit Jahren. Bei Tötungen greifen die Täter zum Messer, da der Besitz von Schusswaffen streng reguliert ist. Daher erinnerte der Vorfall in Kawasaki viele Japaner an das Schulmassaker in der Stadt Ikeda im Juni 2001. Damals tötete ein Amokläufer, ein früherer Hausmeister, mit einem Küchenmesser acht Mädchen in einer Grundschule. Seitdem verschärften viele Schulen ihre Sicherheitsmaßnahmen, überwachen die Eingänge mit Kameras und schließen ihre Tore ab. (Martin Fritz aus Tokio, 28.5.2019)