Homöopathische "Arzneimittel" haben keine Wirkung, die über die Wirkung von Placebo oder über anekdotische Evidenz hinausgeht. Das muss man leider klar und deutlich sagen, und man muss in dem Zusammenhang den Homöopathiehersteller Hevert beim Namen nennen. Das deutsche Pharmaunternehmen droht nämlich Ärzten und Journalisten, die die Wirkungslosigkeit der Homöopathie beim Namen nennen, mit rechtlichen Schritten. Hevert ist nicht irgendwer, das Unternehmen zählt sich selbst zu den Top-Ten der Homöopathiehersteller weltweit.

Eine Adressatin der Hervert'schen Offensive ist die deutsche Ärztin und Autorin Natalie Grams. Der mediengewandten Homöopathie-Kritikerin flatterte jüngst Post vom Anwalts des Unternehmens ins Haus. Hevert fordert Grams auf, es "sofort zu unterlassen, in Bezug auf die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel in der Öffentlichkeit zu behaupten, 'nicht über den Placebo-Effekt hinaus'". Tut sie es dennoch, wäre eine Vertragsstrafe in der Höhe von 5.100 Euro an das Unternehmen fällig.

Grams und andere Betroffene - unter anderem ein Journalist der "taz" - denken freilich nicht daran, die Erde eine Scheibe sein zu lassen, Atlantis gefunden zu haben oder der Homöopathie eine Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus zu attestieren. Grams: "Ich habe weder jemals Hevert direkt erwähnt, noch werde ich es mir nehmen lassen, den Stand der Wissenschaft zu transportieren. Statt Aufklärer zu verklagen, mundtot zu machen oder in Verschwörungstheorien zu verfallen, sollten einfach überzeugende Belege für eine Wirksamkeit von Homöopathie über Placebo hinaus vorgelegt werden."

Hevert verteidigt die juristischen Attacken gegen Kritiker auf seiner Facebook-Seite larmoyant. Man befürchte, "dass auch in Deutschland, dem Mutterland der Homöopathie" die Politik wie in England mit gesetzlichen Einschränkungen gegen die Homöopathie vorgehe. Die juristischen Schritte sei daher nötig, um sich gegen "ungerechtfertigte Diskreditierungen von Homöopathie durch Lobbygruppen, die auch dem Unternehmen Hevert schaden können" zu wehren.

Natalie Grams, Ärztin und ehemalige Homöopathin.
Foto: Gudrun-Holde Ortner

Wo bleiben die Klagen gegen den Zauberkult Homöopathie? 

Autoren oder Ärzte per Klagsdrohung anzuhalten, den Stand der Wissenschaft zu verleugnen, ist eine Chuzpe, die einen mit offenem Mund dastehen lässt. Warum dreht niemand den Spieß um? Was ich bislang vermisse, sind juristische Musterprozesse gegen die Profiteure des Hahnemann'schen Zauberkults Homöopathie: Gegen Apotheken, die wider besseres Wissen Homöopathika an gutgläubige Kunden als Medizin ausgeben. Gegen Produzenten, die wirkungslose Globuli als Naturheilmittel vermarkten oder irreführene Angaben über Inhaltsstoffe in Hochpotenzen machen. Gegen Ärzte, die ahnungslose Patienten nicht darüber aufklären, dass die verschriebenen Globuli nichts anderes sind als sauteure Placebos.

Interesse an Musterprozessen? Kleine Anmerkung: Die Beweisaufnahme für die Wirkungslosigkeit der Homöopathie, sie ist längst abgeschlossen. Die Wirkungslosigkeit von Homöopathie ist ähnlich notorisch wie die Feststellung, dass die Dinosaurier längst ausgestorben sind. 
Auch wer fast daran glaubt, wird keinen T-Rex finden tief im Dschungel, ebenso wird niemand eine belastbare Studie für die Wirksamkeit der Homöopathie finden. Grams bringt es auf den Punkt: "Auch Klagen ändern nichts daran, dass Homöopathen es nicht geschafft haben, in 200 Jahren eine Wirkung über Placebo hinaus sicher nachzuweisen." (Christian Kreil, 3.6.2019)