Zürich – Laut Forschern der Uni Zürich könnten die Auswirkungen des Klimawandels auf das globale Artensterben noch größer sein als ohnehin schon gedacht: Denn bisher nutzten Ökologen meist Klimamodelle, um das Schicksal einzelner Arte im Zuge der Erderwärmung vorherzusagen. Das greift laut den Schweizer Forschern allerdings zu kurz. Arten seien nämlich in ein großes Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten eingebunden. Wenn eine Art stirbt, kann das andere Arten, die von ihr abhängig sind, mit in den Abgrund reißen – ein Effekt, der sich Ko-Extinktion nennt.

Im Vergleich von sieben europäischen Regionen, die sie untersuchten, stach für die Forscher um Jordi Bascompte insbesondere der Mittelmeerraum hervor: Hier falle das Artensterben aufgrund von Ko-Extinktion besonders stark ins Gewicht. Berücksichtige man die Vernetzungen der Arten, könnten in Griechenland zwei- bis dreimal mehr Pflanzenarten aussterben als aufgrund der Einzelprognosen vermutet.

Konkretes Beispiel

Die Ergebnisse, die im Fachblatt "Science Advances" erscheinen, beschreibt Bascompte an einem konkreten Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Netzwerk in Südspanien die salbeiblättrige Felsenrose klimabedingt bis 2080 aussterbe, betrage 52 Prozent. Für die kleine Holzbiene fiele dadurch eine wichtige Nahrungsgrundlage weg und auch sie sei in Folge vom Aussterben bedroht.

Weil die kleine Holzbiene jedoch auch die Myrte bestäubt, diese also auf das Insekt angewiesen ist, setzt sich die Bedrohungs-Kettenreaktion auch auf diese fort. Für sich allein betrachtet läge die Aussterbewahrscheinlichkeit für die Myrte nur bei 38 Prozent. Berücksichtigt man jedoch das Netzwerk und die gegenseitigen Abhängigkeiten, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 62 Prozent.

"Wird das Bestäubungsnetzwerk, in das einzelne Arten eingebunden sind, berücksichtigt, steigt die Gesamtzahl der Spezies, die vom Aussterben bedroht sind", so Bascompte. "Arten mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit, klimabedingt auszusterben, zeigen unter diesem Blickwinkel plötzlich signifikante Wahrscheinlichkeiten, aufgrund ihrer Abhängigkeiten ausgelöscht zu werden." (APA, red, 3. 6. 2019)