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Stefanos Tsitsipas ...

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... setzt sich im wunderbaren Ambiente des Court Simonne Mathieu gegen Hugo Dellien durch.

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Man kann es in Paris auch ganz gemütlich angehen.

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Wie bleibt man Mensch bei all der süchtig machenden Technologie? Die großen Fragen der Menschheit werden traditionell in Griechenland aufgeworfen. Früher auf Papyrus, heute auf Twitter. Früher Aristoteles, heute Stefanos Tsitsipas.

Wenn der Grieche nicht denkt, spielt er Tennis. Und das bravourös. Der 20-Jährige ist vor den French Open auf Rang sechs der Weltrangliste geklettert. Er ist der jüngste Spieler in den Top Ten. Fragt man Experten in Paris nach dem heißesten Außenseitertipp, fällt sein Name zuerst.

Sportliche Familie

Tsitsipas ist vorbelastet. Sein Großvater Sergei Salnikow gewann mit der russischen Fußball-Nationalmannschaft Gold beim olympischen Turnier 1956. Sein Vater Apostolos ist Tennistrainer, seine Mutter Julia stand 1990 auf Rang 194 der WTA-Weltrangliste. Er kam quasi mit dem Racket zur Welt. Seit 2015 trainiert er an der Akademie von Patrick Mouratoglou, Coach von Serena Williams, in Nizza. Dort wurde die Feinarbeit geleistet, dort wurde er ruckizucki zur Nummer 1 der Junioren-Weltrangliste geformt.

2017 gab Tsitsipas schließlich sein Debüt auf der ATP-Tour. Erst im achten Anlauf überstand der Teenager ein Auftaktmatch. Mittlerweile hat er seine Statistik aufgepeppt. Drei ATP-Turniere stehen auf der Habenseite. Zwei davon, Marseille und Estoril, hat er in diesem Jahr gewonnen. Angst vor großen Namen? Fehlanzeige. Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer mussten sich bereits geschlagen geben. Auch Dominic Thiem ging in fünf Begegnungen zwei Mal als Verlierer vom Platz.

In der zweiten Runde von Roland Garros traf Tsitsipas am Dienstag auf den Bolivianer Hugo Dellien. Wer am neuen Court Simonne Mathieu eine einseitige Partie erwartete, wurde erst im zweiten Satz bestätigt. Da verpasste der Grieche seinem Gegenüber einen sogenannten Bagel, den ersten Satz hatte Dellien noch für sich entschieden. Nach zwei Stunden und 49 Minuten war die Sache erledigt, Tsitsipas setzte einen Passierschlag an Dellien vorbei. Endstand 4:6, 6:0, 6:3, 7:5.

Umfassendes Package

Mag sein, dass Tsitsipas in diesem Match nicht seine Topform erreicht hat. Seine Stärken waren trotzdem zu sehen. Er verfügt über harte Schläge von der Grundlinie, vor allem die Vorhand hat es in sich. Die Rückhand spielt er einhändig, elegant wie sonst nur Federer oder Thiem. Das Netz sucht er nicht nur zum Handschlag auf, den Aufschlag knallt er seinen Gegnern jenseits der 200 Stundenkilometer um die Ohren. Das Package passt, alle Ingredienzien sind vorhanden, um sich langfristig in der Weltklasse zu etablieren.

Der 1,93 Meter große Tsitsipas wurde auf griechischen Sandplätzen sozialisiert, gilt aber als Allrounder. Sein Waffenarsenal lässt Erfolge auf allen Belägen zu. Im Jänner feierte er mit dem Erreichen des Halbfinales von Melbourne seinen größten Erfolg auf Major-Ebene. Trotzdem nennt er Wimbledon sein Lieblingsturnier. Vielleicht weil er dort als Junior den Doppeltitel gewann. Vielleicht auch weil er dort 2018 erstmals im Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers stand.

Die dritte Runde in Paris ist für Tsitsipas eine Premiere. Im vergangenen Jahr schied er in der zweiten Runde gegen Thiem aus. Sein nächster Gegner wird im Match zwischen Roberto Carballes Baena aus Spanien und Filip Krajinovic aus Serbien ermittelt. "Mein Leben ist wie eine rasende Kugel, die das Ziel noch nicht getroffen hat", schreibt Tsitsipas auf Twitter. Nur Geduld. (Philip Bauer aus Paris, 29.5.2019)