Mariss Jansons, geschätzt als penibler Konzeptualist von Interpretationen, ist der ideale Advokat in Töne gegossener emotionaler Heftigkeit. Sowohl Robert Schumanns Frühlingssymphonie wie auch Hector Berlioz’ Symphonie fantastique entsprangen ja einem gewissen Überschwang. Bei Schumann betraf er die schöne Jahreszeit, bei Berlioz eine Schauspielerin, die er ehelichen sollte.

Im Musikverein rüttelte bei Schumann zwar die eine oder andere grelle Tuttistelle auf (erster Satz). Ansonsten allerdings entfalteten die Wiener Philharmoniker beim Match aus Opulenz und Zierlichkeit eine klangpralle Eleganz, die am Donnerstagvormittag jene frühlingshafte Atmosphäre herbeizauberte, die sich im wolkigen Draußen so gar nicht einstellen wollte. Es gab dabei mehr als nur Edelsound. Es überzeugte eine charaktervolle Ausgestaltung der Motivketten und Pointen – erst recht bei Berlioz’ programmmusikalischem Rausch.

Symphonischer Wahnsinn

Sollte ein Moment gekürt werden, an dem alles ins Besondere abhob, war es der zweite Satz, der einen Ball imaginiert: Ein Mix aus Vitalität und zarter Pracht war das. Phänomenal. Jansons verstand es später auch, das Wild-Dramatische (4. Satz) und das Rasende des Finales kontrolliert und doch impulsiv zu gestalten.

Sprunghafte Wendungen und instrumentale Exzentrik präsentierten sich in höchster Ausgewogenheit – als wohlgeordneter symphonischer Wahnsinn. (toš, 30.5.2019)