Um sich das aus ihrer Sicht perfekte männliche Gesicht zu schmieden legen sich viele Incels unter das Messer.

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Seit rund einem Jahr geraten sogenannte Incels, kurz für "involuntary celibate" – unfreiwillig Enthaltsame – in den Fokus der Öffentlichkeit. Die radikale Gruppierung, die vor allem im Netz Popularität erlangt hat, verachtet Frauen, weil ihre Mitglieder glauben, aufgrund ihres Aussehens keine sexuelle Beziehung zu ihnen aufbauen zu können. Schuld daran tragen aus ihrer Sicht Frauen Im vergangenen Jahr führte diese Ideologie etwa im kanadischen Toronto zu einem Amoklauf, bei denen der Täter, ein Incel, vorwiegend Frauen umbrachte. Oder im US-amerikanischen Bundesstaat Florida, wo ein Mann auf Frauen in einem Yoga-Studio schoss und zwei von ihnen ermordete, vier weitere schwer verletzte.

Fotos posten, um beschimpft zu werden

"Chads" sind für "Incels" jene verhassten Männer, die sexuell aktiv und attraktiv sind, "Stacys" ist der Name für Frauen – zum Teil werden sie auch als "Femoide" betitelt. Der "New Yorker" hat sich tief in die Foren der Incels begeben – und den aktuellen Trend zu Schönheitsoperationen beobachtet. Dort finden sich etwa Beiträge, bei denen Männer Fotos von sich veröffentlichen, um daraufhin voneinander beschimpft zu werden. Ein porträtierter Nutzer etwa besuchte einen Psychiater, der den Kern seiner Probleme in einem familiären Trauma in der Jugend sah, seine Familie hingegen glaubte, dass er möglicherweise unter Dysmorphophobie litt – einer Störung bei der Wahrnehmung des eigenen Körpers. In den Foren der Incel wurde er aber munter beschimpft: Seine Nase sei zu feminin, sein Haar werde weniger, sein Kinn sei nicht definiert genug.

Zu viel soziale Macht

Die Forenbesucher sehen das Problem in der "Plage" der steigenden sozialen Macht von Frauen. Heirateten Frauen früher, um finanzielle Stabilität zu erlangen, würden sie nun nur attraktive Männer suchen, um mit ihnen zu schlafen, so die Ideologie dahinter. Frauen seien mittlerweile privilegiert.

Oft als Grund für die eigene fehlende Attraktivität wird die Knochenstruktur selbst gesehen – etwas, was nur schwierig zu ändern ist. Immer mehr von den Männern beginnen teure Schönheitsoperationen zu erwägen. Ein bestimmter Schönheitschirurg aus Indiana wurde dabei in der Community, die über Jahre lang Prozeduren recherchiert hat, zu eine Art Idol. "Ich hatte einen Traum: Den großen Dr. E zu treffen", schreibt etwa der von dem Magazin begleitete Incel. Der Arzt operiert genau so, wie sich Incels ihr Schönheitsideal vorstellen: Breite Kiefer, lange Wimpern, große Lippen, die nie lächeln. Nutzer nutzen das Programm Photoshop, um sich zu einem solchen "Chad" zu bearbeiten.

Schönheitschirurg hat viele Incel-Patienten

Der populäre Schöngheitschirurg erzählte dem "New York Magazine", dass er erst durch die Recherche des Magazins bemerkt hat, dass einige seiner Patienten Incels sind. "Ich habe mich oft gewundert, warum manche meiner Patienten so sind, wie sie sind. Ich habe unbewusst jahrelang mit ihnen zu tun gehabt", sagt er. Er habe gedacht, es handle sich einfach um "schwierige" junge Männer, nun wisse er aber, dass es sich um eine "psychologisch abnormale" Gruppe handle. (red, 15.06.2019)