"Jeder macht täglich Fehler", räumte der Ex-Kanzler im "Krone"-Interview großzügig ein.

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Ist es Unbelehrbarkeit oder einfach nur die Überzeugung eigener Gottähnlichkeit, mit der Sebastian Kurz der "Kronen Zeitung" zum trostlosesten Aufmacher dieser ereignisreichen Woche verhalf? "Ich würde alles wieder so machen." Nur menschlich: Jeder macht täglich Fehler, räumte der Ex-Kanzler im Interview großzügig ein. Aber er natürlich nicht, und schon gar nicht täglich. Sicherheitshalber schaute er auch nicht weiter zurück als diese eine Woche, das aber ehrlich. Was die letzte Woche und auch das Ergebnis der Abstimmung im Parlament betrifft, da muss ich ehrlich sagen: Ich würde alles wieder so machen. Und mit der FPÖ hatte das gar nichts zu tun, denn ich habe so gehandelt, wie es die Verfassung vorsieht. In heutigen Zeiten ist das schon etwas, worauf man sich etwas zugutehalten kann.

Das Psychogramm, das er für die "Krone" von sich entwarf, lässt eher auf eine gewisse Neigung zur Vergöttlichung schließen. Ich bin derselbe, der ich immer war, und fühle mich auch nicht anders. Oder an anderer Stelle schon wieder ehrlich: Um ehrlich zu sein, ich fühle mich weder als Gewinner noch als Verlierer. Ich bin, wer ich bin, was dann doch schon deutlich an das Auftreten seines Kompagnons in der Bibel erinnerte.

Auch in der Redaktion von "Zur Zeit" gab es diese Woche mehr – und anderes – zu tun als sonst. Mussten doch die Ära Strache gewürdigt und ihre Totengräber entlarvt werden. Bei denen handelt es sich um das Trio Kurz, Böhmermann und Silberstein, unter den Entlarvern befanden sich Größen wie der wertkonservative Andreas Unterberger und der noch seriösere Konstantin Kosatschew, kein Geringerer als der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des russischen Oberhauses. Dieser sprach in Bezug auf das "Ibiza"-Video von einer "perfekten Provokation, durchgeführt von europäischen liberalen Kräften", jener hingegen meinte, die SPÖ steckt mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit auch hinter der jetzt bekannt gewordenen Falle für den freiheitlichen Parteiobmann Strache, in die dieser aber mit unglaublicher Dummheit – vor zwei Jahren – voll hineingeplumpst ist.

Würde man realistisch eher der Theorie des Herrn Kosatschew zuneigen, weil man der SPÖ die Fähigkeit, eine derart raffinierte Falle zu konstruieren, nur dann zutraute, wenn sie sich selbst darin fängt, beharrte Unterberger darauf, es wäre eine Art internationales sozialdemokratisches Netzwerk am Werken. Besonders enthüllend ist, wie der (sehr SPD-nahe) deutsche Oberschmutzfink Jan Böhmermann, von dem das (sehr SPÖ-nahe) ORF-Fernsehen einen langen Hetz-Auftritt übertragen hat, dabei schon vor einem Monat gesprochen hat. Dass das internationale sozialdemokratische Netzwerk bis in das (sehr SPÖ-nahe) ORF-Fernsehen reichen soll, kann nur auf die Nachlässigkeit des jetzigen ORF-Stiftungsrates zurückgeführt werden.

Damit nicht genug der Verschwörungstheorien für "Zur Zeit"-Leser. Dass die pro-europäische österreichische Tageszeitung "Die Presse" im Fall Strache aufs Neue einen Geheimdienst – und zwar den amerikanischen – als Strippenzieher ins Feld führt, ist durchsichtig. Sie deckt damit innenpolitisch den naturgegebenen Verdacht gegen die SPÖ ab und legt zusätzlich Feuer unter die transatlantischen Verbindungen der FPÖ, die mit ihrer brüsselkritischen Haltung Verbündeter Trumps und des Pentagon ist.

Dass "Die Presse" Feuer unter die transatlantischen Verbindungen der FPÖ legt, ohne auf deren Verbindungen zu Putin Rücksicht zu nehmen, könnte man der alten Zündlerin noch zutrauen. Aber dass sie in einem Aufwaschen damit auch gleich den naturgegebenen Verdacht gegen die SPÖ abzudecken bereit war, ist zwar durchsichtig, stellt aber dem Blatt, dessen Chefredakteur oben erwähnter Andreas Unterberger einmal war, ein zwiespältiges Zeugnis aus.

Die Nummer zur Ära Strache klingt dann versöhnlich aus. Im Kommen: Geschlechtskrankheiten nehmen rasant zu, es gibt eine eindeutige Erklärung dafür: den Zungenkuss. Eine australische Studie, die an schwulen Männern durchgeführt wurde, scheint erstmals empirisch zu bestätigen, dass Zungenküsse mit der Ausbreitung der Gonorrhö im Zusammenhang stehen. Der empirische Schein wurde mit einem Foto abgesichert, das ein heterosexuelles Eselspaar nicht beim Zungenküssen, nur beim Kopulieren zeigt – als Hinweis auf gewisse importierte Praktiken. Ob Böhmermann, Silberstein oder "Die Presse" hinter diesem Netzwerk steckt, blieb leider ungeklärt. (Günter Traxler, 1.6.2019)