Dass Vizepremier Luigi Di Maio in einer Internetabstimmung mit 80 Prozent der Stimmen als Politikchef bestätigt wurde, nachdem die von ihm geführte Fünf-Sterne-Bewegung bei der Europawahl ihren Stimmenanteil halbiert hatte, erstaunt nur auf den ersten Blick: An der Abstimmung der vormaligen Protestbewegung und nunmehrigen Regierungspartei nahmen nur handverlesene Aktivisten teil, denen zuvor von der Führungsriege eingebläut worden war, wie sie abzustimmen haben. Hätte man die sechs Millionen Wähler gefragt, die sich bei der Europawahl enttäuscht von den Grillini abgewandt haben, wäre das Resultat ein völlig anderes gewesen.

Die Frage war ohnehin falsch gestellt. Die zentrale Frage, vor der die Fünf Sterne unabhängig von der Person ihres Politikchefs stehen, lautet: Wollen wir uns weiterhin beim rechtsradikalen Matteo Salvini als Steigbügelhalter andienen – oder treten wir aus der Regierung aus und verzichten auf unsere geliebten Ministersessel? Das Verdikt in dieser für die Bewegung existenziellen Frage ist bloß vertagt.

Das Problem wird sich sehr schnell wieder stellen – etwa dann, wenn Salvini trotz Umweltbedenken auf dem Bahntunnel zwischen Turin und Lyon besteht oder wenn er eine neue Steueramnestie durchführen will. Das wird die Fünf Sterne in die nächste Identitätskrise stürzen. Und so wird Italien ein Jahr nach der Vereidigung dieser gnadenlos populistischen Regierung politisch instabil bleiben. (Dominik Straub, 31.5.2019)