Das Video des Polizeieinsatzes wurde in den sozialen Medien geteilt.

Foto: Screenshot Twitter

Wien – Nach der Veröffentlichung eines Videos, das mutmaßliche Polizeigewalt gegen einen Klimaaktivisten am Freitag in Wien zeigt, hat das Referat für besondere Ermittlungen bereits die beteiligten Beamten ausgeforscht. Zudem wurde laut Polizeisprecher Patrick Maierhofer ein erster Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

Zu dem Vorfall war es rund um eine Aktion von rund 100 Klimaaktivisten gekommen, die Freitagnachmittag den Ring bei der Aspernbrückengasse blockiert hatten. Das am Samstag per Twitter verbreitete Video zeigt einen Mann, der zunächst von drei, danach von fünf Polizisten in Bauchlage auf dem Boden fixiert wird. Ein Beamter versetzt ihm von hinten offensichtlich mehrere heftige Faustschläge gegen Oberkörper oder Kopf, wobei das genaue Geschehen teilweise durch andere Polizisten verdeckt ist.

Innenminister Eckart Ratz forderte in einer Aussendung Aufklärung: "Ich erwarte mir eine lückenlose und umfassende Aufklärung", so der Übergangsminister. "Ich habe von Wiens Landespolizeipräsidenten Pürstl umgehend eine Untersuchung an- und vollste Transparenz eingefordert."

Parteien fordern Aufklärung

Die Neos forderten am Sonntag "volle Aufklärung" über den Polizeieinsatz. "Wenn die Polizei nicht das Vertrauen der Bevölkerung verlieren will, muss der Polizist umgehend identifiziert und suspendiert werden, bis der Fall geklärt ist", sagte die Neos-Politikerin Stephanie Krisper. Sie fordert eine rasche und transparente Aufklärung: "Dazu gehört insbesondere eine rasche Einvernahme aller Beteiligten, um Absprachen zwischen den PolizistInnen zu verhindern."

Schnellstmögliche Aufklärung verlangte auch die Liste Jetzt. "Das Video über mutmaßliche Polizeigewalt im Rahmen der Klimaschutz-Demonstration am Freitag zeigt Bilder, die es in Österreich nicht geben sollte und die dem guten Ruf der Polizei schaden", sagte die sicherheitspolitische Sprecherin Alma Zadic. Sollten die betroffenen Polizisten auf einen am Boden liegenden wehrlosen Menschen mit Fäusten eingeschlagen haben, seien diese sofort zu suspendieren, da sie dem Ansehen der sonst professionell arbeitenden Wiener Polizei schadeten. "Eine unabhängige Untersuchung muss von der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden."

Peter Pilz nahm auch den Innenminister in die Pflicht: "Egal wer der neue Innenminister ist, wir messen ihn an seiner ersten Tat: die Prügelpolizisten müssen sofort die Uniform ausziehen."

Mann nahm an Sitzblockade teil

Mittlerweile ist auch bekannt, warum der Aktivist festgenommen wurde: Er soll sich laut Exekutive gegen 16.30 Uhr an der Sitzblockade beteiligt und in weiterer Folge durch Fußtritte dagegen gewehrt haben, von den Polizisten weggetragen zu werden. Daraufhin wurde er festgenommen und von mehreren Beamten auf dem Boden fixiert, wo es dann zu den dokumentierten Szenen kam.

"ZiB"-Beitrag zu dem Video.
ORF

In den kommenden Tagen sollen die Zeugen des Vorfalls, das Opfer sowie die beteiligten Polizisten vom Referat für besondere Ermittlungen einvernommen werden, kündigte Maierhofer an. Noch nicht ausgewertet wurde das polizeieigene Videomaterial, das bei der Aktion angefertigt wurde.

Danach kann die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungsaufträge erteilen. Genau kontrolliert werde auch die Festnahmemeldung, in der alle ergriffenen Zwangsmittel dokumentiert werden müssen. Die Staatsanwaltschaft wird aufgrund aller Fakten entscheiden, ob die Maßnahmen der Polizisten verhältnismäßig oder eine Überschreitung waren und ob Anklage erhoben wird.

Organisatoren sprechen von unverhältnismäßiger Gewalt

Auch die Organisatoren der Klimaaktion meldeten sich zu Wort. "Schon zu Beginn der Aktion drohte uns die polizeiliche Einsatzleitung mit Gewaltanwendung", erklärte Sina Reisch, Pressesprecherin der Aktionsform "Ende Geländewagen". Während der Räumung seien einige Beamte tatsächlich mit unverhältnismäßiger Gewalt vorgegangen. Eine Person mit Platzwunde habe ärztlich versorgt werden und zumindest eine weitere das Krankenhaus aufsuchen müssen. "Zu der Platzwunde kam es, als ein Aktivist von sechs Beamten zu Boden gerissen und fixiert wurde. Dabei schlug der Kopf hart auf den Asphalt auf", erklärte Reisch.

Die Aktion hatte zu einem längeren Großeinsatz von rund 200 Polizisten sowie der Feuerwehr gesorgt, die aus ganz Wien zusammengezogen wurden. Zwei Personen seilten sich auch von der Aspernbrücke ab, zwei weitere hingen auf sogenannten Tripods, einem einfachen dreibeinigen Turm, auf der Straße. Die Aktivisten forderten einen radikalen Wandel des Mobilitätssystems. Die Mehrzahl der Teilnehmer hätten sich gegenüber der Exekutive unkooperativ gezeigt und nicht an den Identitätsfeststellungen mitgewirkt, weshalb fast alle der 100 Demonstranten vorläufig festgenommen wurden. Drei bis vier Aktivisten leisteten Widerstand und wurden deshalb ebenfalls festgenommen, gab die Polizei am Freitagabend bekannt. (red, APA, 2.6.2019)